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EINE PISTOLE FÜR RINGO

Duccio Tessaris UNA PISTOLA PER RINGO entstand noch in der Frühzeit des Italowesterns, zwischen FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR und DJANGO, und legte für Hauptdarsteller Giuliano Gemma quasi den Grundstein für eine langjährige Karriere im Westerngenre.

Der verkörpert (damals noch unter dem Pseudonym Montgomery Wood) den geschäftstüchtigen, ausschließlich Milch trinkenden Revolverhelden Ringo, genannt Engelsgesicht, der zu Beginn des Films wegen Mordverdachts im Gefängnis hockt.

Als der mexikanische Bandit Sancho allerdings kurz vor Weihnachten die hiesige Bank überfällt und sich mit dem Geld und seiner Bande auf dem Anwesen eines Großgrundbesitzers verschanzt, ist Ringo für den Sheriff die einzige Chance, die Geiseln aus den Händen der Banditen zu befreien, was der sich allerdings gut bezahlen lässt.

Ringo kann sich auch tatsächlich bei den Banditen einschleichen, lässt aber in Folge alle Anwesenden darüber im Unklaren, auf wessen Seite er wirklich steht, der des Meistbietenden oder der des Gesetzes.

Und während derweil zahlreiche Geiseln das Zeitliche segnen müssen, präsentiert sich Ringo als zynischer Pragmatiker, der ein gefährliches Spiel treibt, denn Bandit Sancho ist auch nicht wirklich darauf erpicht, sein Geld zu teilen.

EINE PISTOLE FÜR RINGO ist auf jeden Fall ein durchgängig ernster Vertreter des Genres. Der ebenfalls vorhandene Humor resultiert aus dem extremen Pragmatismus der Titelfigur, zumal Ringo auch ein respektloser Freigeist ist, der sich eher dem Kapitalismus verbunden fühlt als humanistischen Idealen – jedenfalls scheint es so.

Also ein Antiheld, der sich in einer moralischen Grauzone bewegt, was auch den Reiz von EINE PISTOLE FÜR RINGO ausmacht, der sich durch diese Ambivalenz deutlich von amerikanischen Vorbildern abhebt.

Und Gemma gehört zu Recht auch zu den besten Darstellern des Genres, gut aussehend, aber kein glatter Schönling, der das schauspielerische Rüstzeug besitzt, um zwischen Tragik und Komik echte Persönlichkeiten zu verkörpern, auch außerhalb des Italowesterns.

Definitiv eines der Highlights des Spaghettiwesterns, gefolgt im selben Jahr vom noch besseren RINGO KEHRT ZURÜCK, eine weitere Zusammenarbeit von Tessari und Gemma, aber keine klassische Fortsetzung.

Hinzu kommt der schöne, wenn auch überwiegend etwas konventionelle Score von Ennio Morricone. Auf Video war EINE PISTOLE FÜR RINGO immer um Handlung erleichtert worden, darunter der komplette Prolog, der zeigt, wieso Ringo im Knast sitzt, im Fernsehen lief dann einige Male sogar die Originalkinofassung.

Die neue DVD von Koch ist selbstverständlich ungeschnitten, besitzt gute Bild- und Tonqualität und ein interessantes Feature mit Gemma und Darstellerin Lorella De Luca, die bis zu dessen Tod im Jahr 1994 mit Tessari liiert war.

Ein bisschen irritierend ist allerdings, dass den Film immer noch das „keine Jugendfreigabe“-Siegel ziert, so hart ist EINE PISTOLE FÜR RINGO nun wirklich nicht – was die FSK da wohl geritten hat?