Foto

DRUCKLUFT

Heiko Koch, Patrick MacAllister

Dortmund war schon Anfang der Achtziger Jahre ein Zentrum der westdeutschen Neonazi-Szene. Im Laufe der Jahre verlagerte sie sich von der Nordstadt nach Dorstfeld, ein eher alternatives Viertel. Viele Faschos leben dort – über viele Jahre hinweg recht unbehelligt von Stadt und Cops – und faseln so immer vom „Nazi Kiez Dorstfeld“. Und eben dort beginnt die Geschichte, als Punk Paula von Fascho-Schlägern beim Sprayen erwischt wird. Mit der Hilfe eines ihr zunächst unbekannten Mopedfahrers gelingt ihr die Flucht. Francesco, so heißt er, nimmt Paula dann mit auf eine Ska-Party ins Druckluft nach Oberhausen und so beginnt eine rasante Story, in der die Akteur:innen nicht nur feiern, tanzen und Spaß haben, sondern sich bald auch der konkreten Gefahr durch Neonazis ausgesetzt sehen. Den realen Bezug der Geschichte bilden die Schicksale der bisher in Dortmund von Neonazis ermordeten Menschen. Thomas „Schmuddel“ Schulz, erstochen von einem Naziskinhead; Mehmet Kubasik, ermordet vom NSU – wobei die Rolle der Dortmunder Neonazis noch nicht einmal annähernd untersucht worden ist – sowie die Polizeibeamt:innen Thomas Goretzky, Yvonne Hachtkemper und Matthias Larisch von Woitowitz, erschossen von einem Neonazi. Der Comic stellt nicht nur die Frage nach der Erinnerungskultur an die Opfer – wobei sich gerade auch die Polizei Dortmund in Bezug auf die eigenen Kolleg:innen nicht mit Ruhm bekleckert –, sondern zeigt auch, dass der Widerstand gegen Neonazi-Strukturen trotz aller Gefahren auch für Leib und Leben wichtiger ist denn je. „Druckluft“ ist nun der vierte Comic, der sich mit den Dortmunder Neonazis beschäftigt. Dass er der letzte bleiben wird, wage ich persönlich nicht zu hoffen. Es wäre wünschenswert.