DRECKIGE HUNDE

Bereits 2005 erschien Karel Reisz’ DRECKIGE HUNDE auf DVD bei MGM, doch was dem Zuschauer da in Sachen Bildqualität geboten wurde, war wahrlich nicht berauschend. Es bestand die große Hoffnung, dass es EuroVideo jetzt mal endlich richtig machen würden, und das Bild ist tatsächlich wesentlich besser, dafür wurde der deutsche Ton, der auf der MGM-Disc noch halbwegs okay war, leider komplett vermasselt.

Und deutsche Untertitel für die deutlich bessere Originaltonspur gibt es auch keine, obwohl man sie nur von der alten Disc hätte rippen müssen, verstehe das, wer will. Jetzt habe ich also zwei unbefriedigende DVD-Veröffentlichungen eines Filmes im Schrank stehen, der auf jeden Fall eine würdigere Behandlung verdient hätte.

Denn der in der Tschechoslowakei geborene britische Regisseur Reisz, der zusammen mit Lindsay Anderson und Tony Richardson (DIE EINSAMKEIT DES LANGSTRECKENLÄUFERS) zur British New Wave Ende der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre gehörte und die mit ihren halbdokumentarisch angehauchten Filmen den Begriff „Kitchen sink realism“ prägten, gelang hier ein nihilistischer Abgesang auf den „Sommer der Liebe“.

Und so heißt der Film im Original auch WHO’LL STOP THE RAIN, genau wie der großartige Creedence Clearwater Revival-Song, der hier einige Male zu hören ist und oft als Kritik von John Fogerty am Vietnamkrieg (miss)interpretiert wurde, sich aber auch wesentlich universeller deuten lässt.

Das zugrunde liegende Buch aus dem Jahr 1975 von Robert Stone, der auch am Drehbuch beteiligt war, heißt allerdings „Dog Soldiers“, worunter der Film teilweise auch bekannt ist, und an den sich der deutsche Titel anlehnt.

Im Mittelpunkt steht dabei der Marineinfanterist Ray Hicks (Nick Nolte), den der desillusionierte befreundete Kriegsberichterstatter John Converse (Michael Moriarty) zur Hochzeit des Vietnamkriegs bittet, für ihn eine größere Menge Heroin von Vietnam nach San Francisco zu schmuggeln.

Dort soll ihn Converses Frau Marge (Tuesday Weld) dafür bezahlen, doch Hicks sind plötzlich finstere Gestalten auf den Fersen, die es ebenfalls auf das Heroin abgesehen haben. Die Versuche von Hicks, das Heroin doch noch an den Mann zu bringen, scheitern und fortan befindet er sich zusammen mit der medikamentenabhängigen Frau von Converse auf der Flucht, was in einem wundervollen Showdown gipfelt, vor der Kulisse einer bizarren Hippie-Kommunen-Berg-Festung.

Vor allem dort werden die Bezüge von Stone zur damaligen Beat- und Hippie-Generation deutlich, denn der lehnte diese Location an Ken Keseys (mit dem er zusammen studiert hatte) Wohnstätte in La Honda in Kalifornien an, wo dieser zusammen mit seinen Merry Pranksters ausschweifende LSD-Experimente praktiziert hatte (Stichwort: Acid Tests), und wo Leute wie Allen Ginsberg, Hunter S.

Thompson oder Jerry Garcia ein und aus gingen. Und als Vorlage für die Figur des Ray Hicks diente Stone Beat-Autor Neal Cassady (der wiederum Jack Kerouacs Inspiration für Dean Moriarty in „On The Road“ war), vor allem in Bezug auf dessen Sterbeszene.

Insgesamt ist DRECKIGE HUNDE aber ein Abgesang auf die Flower Power-Bewegung, denn das schmutzige Heroin löst hier das positive bewusstseinserweiternde LSD ab, als akzeptierter wichtiger Teil dieser Gegenkultur, und der „Sommer der Liebe“ fiel dank Charles Manson einem generellen moralischen Verfall zum Opfer.

Und so porträtiert Nolte Hicks als paranoiden Überlebenskünstler („They’re all Martians and I’m a loyal American who fought for my flag. Peace was fucking with me and I don’t take shit from Martians.“), der sich nach seinen Erfahrungen in Vietnam mit einem großstädtischen Sündenpfuhl voller Perverser konfrontiert sieht und sich die Hippieidylle vor dem Ausbruch des Vietnamkriegs zurückwünscht.

Reisz gelang mit DRECKIGE HUNDE ein psychologisch vielschichtiger, faszinierender Film, der sowohl als spannender irgendwie typischer Siebziger-Actionfilm wie als Antikriegs-Statement beziehungsweise als genereller Kommentar zum damaligen Zeitgeist hervorragend funktioniert.