Mit einem ungewöhnlichen Ansatz erzählt der französische Autor Benjamin Burton die bittersüße Geschichte des Daniel Treacy, Kopf der legendären Pop-Art-Mod-Band TELEVISION PERSONALITIES. Obwohl Treacy noch lebt, sei versichert: ein Happy End kann und wird es nicht geben. Berton, eigentlich von Haus aus Romancier, steigt ein in die kunterbunte Welt des TVP-Frontmanns im Jahr 1977, er begleitet ihn über die komplette Distanz einer gut vierzig Jahre währenden Anti-Karriere bis zu dem Londoner Pflegeheim, in dem der dandyhafte Songschreiber, Sänger und gelegentliche Labelbetreiber einem recht hoffnungslosen Ende entgegensieht. Dabei blickt er auf die Indie-Szene Londons, hangelt sich entlang einer Phalanx von illustren Personen, die Treacy über den Weg liefen: Bob Marley, Jimmy Page und Robert Plant, Nico, David Gilmour oder Kurt Cobain spielen alle eine kleine Nebenrolle. Ebenso Geoffrey Ingram. Jetzt wird’s allerdings spannend. Denn Ingram ist ein fiktiver Charakter aus einem britischen Spielfilm der Sechziger und Namenslieferant für einen TVP-Song. Berton erweckt diesen im Buch zum Leben, lässt ihn sich mit Treacy anfreunden und sogar als dessen Substitutionsarzt agieren. Dies beschreibt bestens die schräge Erzähltechnik von „Dreamworld“, das mit schwelgerischer Freude Fakten und Fiktion vermischt. Vieles entspricht den Tatsachen, manches könnte stimmen oder auch nicht; es stört nicht im Geringsten, Hauptsache, es passt in den Flow der Geschichte, die ja so auch hätte passieren können. Zudem liefert Berton ausführliche Besprechungen jeder TVP-Platte, er schafft dabei ein unterhaltsames, anregendes biografisches Roman-Zine im Hardcover.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #160 Februar/März 2022 und Gereon Helmer