Ich erinnere mich noch gut, welche Faszination die abgriffene 1967er Heyne-Taschenbuchausgabe von „Dracula“ mit dem verlaufenen Horror-Schriftzug und dem gefletschten Vampirgebiss damals auf mich ausgeübt hat.
Ganz zu schweigen von dem verstörenden Inhalt, der die frühkindliche Fantasie leicht überfordern konnte. Zumal Stokers Ende des 19. Jahrhunderts entstandene und auch zu dieser Zeit angesiedelte Geschichte über einige Damen und Herren der besseren Gesellschaft, die in London den Kampf gegen einen untoten transsilvanischen Grafen aufnehmen – der hier auch zum Ventil für die repressive Sexualmoral des Viktorianischen Zeitalters wird –, seitdem nichts von ihrem Schrecken eingebüsst hat.
Stoker war zwar nicht der Erste, der den südosteuropäischen Vampir-Mythos aufgegriffenen hatte (bereits 1872 schrieb Joseph Sheridan LeFanu „Carmilla“), aber durch seine moderne Erzählweise – die Geschichte wird durch Tagebucheinträge und Briefe der Hauptfiguren geschildert – wird der Leser rasch in den Sog der Ereignisse hineingezogen.
Hinzu kam Stokers brillanter Schachzug, sein Buch mit dem real existierenden berühmt-berüchtigen rumänischen Fürsten Vlad III. Draculea in Verbindung zu bringen und so für einen konkreten historischen Hintergrund zu sorgen.
Mal mehr, mal weniger vollständige beziehungsweise gelungene Übersetzungen gab es seitdem wie Sand am Meer, eine weitere, recht flüssig zu lesende stammt aktuell aus der Feder von Andreas Nohl.
Der hält sich dicht am Original, leistet sich aber auch einige unbeholfene Formulierungen und regelrechten Unfug, wie plattdeutsch redende englische Fischer. Ansonsten eine gelungene Neuauflage dieses Klassikers der Weltliteratur, dem die zahlreichen Filmadaptionen leider nicht das Wasser reichen können.
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