In Würde altern, ohne seine Wurzeln zu verleugnen, und sich nicht zum Kasper machen ... .Hach, was wäre uns da nicht alles erspart geblieben an Peinlichkeiten, gerade auch in der Punkmusik-Szene. Das es auch anders geht, beweisen DOWN BY THE KÖTTELBECKE mit ihrem ersten Mini-Album nach der HASS-Ära.
Mit einer beeindruckenden Lässigkeit in Lyrics und Musik melden sich drei der vier Ex-HASS-Musiker zurück und ich muss gestehen, dass bei dem Bandnamen und dem Promo-Waschzettel mit obligatorischen Namedropping bei mir zuerst die Alarmglocken schrillten.
Ich bin nämlich erwiesenermaßen nie ein HASS-Fan gewesen. Ich hab die Band später wegen ihres Songs „Laß die Glatzen platzen“ zeitweise sogar fast ge„hasst“ (wie treffend!), denn auch damals gab’s schon ne Menge Skins, die nicht rechts waren und für unreflektierte Ergüsse wie diesen die Rechnung zahlen durften ...
egal, Schnee von gestern. Mittlerweile singen die Ex-HASS-Mitglieder auf „So lange es geht“ differenzierter darüber, dass sie jeden auf ihrer Arche Noah aufnehmen würden und nur die Nazis ertrinken lassen würden.
Das kann ich voll unterschreiben und bin dann ja trotz meiner kurzen Haare beruhigt. Dennoch, die Highlights von DOWN BY THE KÖTTELBECKE sehe ich woanders. Rockiger sind sie geworden und bis auf den Opener „Pottsau“, eine geniale Ruhrpott-Hymne, sind fast alle Songs im Midtempo eingespielt.
Das wird bei vielen ein Gähnen und Enttäuschung hervorrufen. Die Diskussionen, ob das noch Punkrock ist, sind mir jedenfalls schnurz. Mir gehen diese Songs nämlich gänzlich unpeinlich unter die Haut mit ihrer Melancholie und Nachdenklichkeit, weil einfach schön und gewiss kein Emo-Punk-Scheiß.
Allen voran „Silver Surfer“ (kommt gleich in zwei Versionen aufs Album – ziemlich überflüssig bei nur sieben Songs). Diese musikalische Aufforderung an den Marvel-Comic-Helden seine Liebe wieder zu finden, würde selbst dem emotionsarmen Mr.
Spock ein bewunderndes „Poesie, Captain?“ über die Lippen bringen! Insofern schließe ich das Review mit einem Zitat des nicht minder genialen Titelsongs ab: „Am Ende wird alles gut / Das gibt’s doch nur in Hollywood“.
Stimmt. Und doch in diesem Fall nicht, denn diese Scheibe ist mein persönliches HASS-Happy End.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #93 Dezember 2010/Januar 2011 und Christian Fischer