Man sollte annehmen, der amerikanische Western der 50er und 60er Jahre sei von Kritikerseite her ausreichend erschlossen, insofern ist man verwundert, wie wenig man doch über George Shermans HELL BENT FOR LEATHER (so hieß übrigens auch ein Song von Judas Priests „Killing Machine“-Album, keine Ahnung, ob der Film da Inspirationsquelle war) im Netz findet.
Wahrscheinlich auch bedingt dadurch, dass es in den Staaten noch keine DVD-Auswertung gab, obwohl der Rechteinhaber Universal heißt. Das CinemaScope-Format darf dabei nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich hier um einen Western der B-Liga handelt, basierend auf einer Vorlage des Pulp-Western-Autors Ray Hogan.
Der zu dieser Zeit äußerst populäre Audie Murphy spielt darin den Pferdehändler Clay Santell, der zu Beginn eine unangenehme Begegnung mit dem psychopathischen Killer Travers hat und fortan mit diesem verwechselt wird.
Daran nicht ganz unschuldig, der nicht minder psychopathische Marshall Deckett (Stephen McNally, der mit Murphy auch zusammen in Don Siegels SCHÜSSE IN NEU MEXIKO vor der Kamera stand), der dringend ein Erfolgserlebnis braucht und, obwohl er es besser weiß, daran festhält, dass Santell der gesuchte Mörder Travers ist.
In Folge entbrennt eine brutale Menschenjagd, die Santell kaum eine Möglichkeit lässt, seine Unschuld zu beweisen, denn hier wird in der Regel zuerst geschossen und hinterher dann die Fragen gestellt.
Zumal Deckett ein toter Santell sowieso lieber ist. Eine nicht ganz neue Geschichte also, aber Sherman kann dem Thema „Unschuldiger auf der Flucht muss seine Unschuld beweisen“ durchaus neue Seiten abgewinnen, und sei es nur durch die schöne Breitwand-Fotografie.
Ein immer noch erstaunlich grimmiger und brutaler Western, in dessen Mittelpunkt gleich zwei Psychopathen stehen, einer davon auch noch auf Seiten des Gesetzes. Und so ist es vor allem Stephen McNallys Verkörperung des komplett schizophrenen Marshalls, durch den DIE UNERBITTLICHEN aus der Masse sonstiger Western herausragt, der aber auch ansonsten sehr ausgewogen Action mit anspruchsvoller Story verbindet.
Shermans Film ist dabei in jeder Hinsicht wirklich sehr gut gealtert und keine „Western von gestern“-Nostalgie-Veranstaltung, denn Santells Kampf ums Überleben wirkt immer noch ungemein realistisch und geht dem Zuschauer dementsprechend unter die Haut.
Mit knapp 80 Minuten zwar ein kurzes Vergnügen, aber definitiv eine Entdeckung wert, zumal auch die Qualität der Koch-DVD nichts zu wünschen übrig lässt, auch wenn die Ausstattung eher mager ist.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #90 Juni/Juli 2010 und Thomas Kerpen