DIE RACHE DER CAMORRA

Mit DIE RACHE DER CAMORRA (I GUAPPI) hat Koch eine echte Perle des italienischen Kinos geborgen, ein Film, der in Deutschland zwar mal auf Video erhältlich war und auch im Fernsehen lief (allerdings immer um gut zehn Minuten geschnitten), aber ansonsten wenig bekannt ist.

Auch der Rest der Filmographie von Pasquale Squitieri ist eher unscheinbar, einige Italowestern und Mafiafilme, die in Deutschland wenn überhaupt auf Video erhältlich waren, inzwischen also Raritäten sind.

Bereits zwei Jahre zuvor hatte er mit CAMORRA einen Film mit Fabio Testi in der Hauptrolle über den Aufstieg eines Gangsters in Neapel gedreht, der allerdings in der Neuzeit spielte. DIE RACHE DER CAMORRA versetzt uns in das Neapel um 1900, wo die Mafia bereits fester Bestandteil des Gesellschaftssystems ist.

Das muss auch Nicola Bellizzi (Franco Nero) erkennen, der sechs Jahre im Gefängnis saß und nun ins von sozialem Elend bestimmten Viertel seiner Jugend zurückkehrt, wo Don Gaetano (Fabio Testi) das Sagen hat, ein skrupelloser Mafiosi.

Obwohl Bellizzi nichts mit diesen Verbrechern zu tun haben will, muss er sich schließlich mit Gaetano und der Camorra arrangieren, um seinen Traum Anwalt zu werden zu verwirklichen und so für die Gerechtigkeit zu sorgen, die der Staat offenbar nicht gewährleisten kann, der stattdessen ehemalige Verbrecher zu Gesetzeshütern macht, also den Bock zum Gärtner, wie man so schön sagt.

Aber auch Bellizzi bekommt schmerzhaft zu spüren, dass sich sein persönlicher Traum nur bedingt mit der tatsächlichen Realität vereinbaren lässt. DIE RACHE DER CAMORRA mag zwar nicht an einen Klassiker wie DER PATE heranreichen, aber man ist überrascht, wie gut der Film letztendlich doch ist, ein episch angelegtes, elegant inszeniertes Kostümdrama mit exzellenten Darstellern im Zwiespalt zwischen echter Freundschaft und der Loyalität zu einer Verbrecherorganisation und ihrem bizarren Ehrenkodex.

Squitieri hat dabei natürlich vor allem den Unterhaltungsanspruch seines Films im Blick gehabt und reichert seinen Stoff über gut zwei Stunden mit genügend Action und amourösen Verwicklungen an (als Bindeglied zwischen Testi und Nero brilliert die wunderbar temperamentvolle Claudia Cardinale), geizt aber auch nicht mit erstaunlich pointierter Gesellschaftskritik.

Zumal sich bis heute nichts an der starken Verflechtung zwischen Politik, Gesellschaft und Mafia geändert hat, die er hier thematisiert. Ein wirklich sehr schöner, durchweg mitreißender Film, der auf der DVD von Koch bezüglich Bild- und Tonqualität in ganz neuem Licht erstrahlt, wobei die bisher geschnittenen Szenen nur untertitelt wurden.

Zusätzlich gibt es noch ein kleines exklusives Interview mit Claudia Cardinale.