Das Schönste am Medium DVD ist doch, wenn alte Filme in neuem Licht erstrahlen und so vor dem Vergessen gerettet werden, auch wenn es ja Leute gibt, die alles ablehnen, was älter als 50 Jahre alt ist, aber das sind dann meist die, die mit der Blue Ray Disc von HITMAN (Was hab ich nur immer gegen diesen Streifen?) den Olymp der persönlichen Glückseligkeit erklimmen.
Wie auch immer, Koch hat jetzt eine "Film Noir Collection" gestartet, in der neben SCHWARZER ENGEL und SPIEL MIT DEM TODE auch George Marshalls DIE BLAUE DAHLIE (THE BLACK DAHLIA) erschien, die Verfilmung eines Drehbuchs von Raymond Chandler, das allerdings nicht an seine Philip Marlowe-Geschichten heranreicht, zumal es während der Dreharbeiten wohl auch ständig Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm, dem Produzenten und dem Regisseur gab, die zu Änderungen seiner Vorlage führten.
Im Grunde dreht sich alles wieder um einen Mann, der unfreiwillig zum Mordverdächtigen wird und sein Heil in der Flucht sucht, um seine Unschuld zu beweisen. In diesem Fall der Kriegsheimkehrer Johnny Morrison (Alan Ladd), dessen Sohn während seiner Abwesenheit bei einem Unfall ums Leben kam und dessen Frau inzwischen schwer dem Alkohol frönt und ein Verhältnis mit dem zwielichtigen Eigentümer des titelgebenden Nachtclubs "Die blaue Dahlie", hat.
Als seine Frau umgebracht wird, fällt der Verdacht natürlich auf ihn, also bleibt ihm nichts anderes übrig, als selbst den wahren Mörder zu entlarven. Was nach wie vor den Reiz von DIE BLAUE DAHLIE ausmacht, sind neben der schönen, stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Photographie, die durchweg ambivalenten Charaktere, denn irgendwie scheint hier jeder dunkle Flecken in seiner Vergangenheit zu haben, und selbst die Hauptfigur wird zu moralisch zweifelhaften Entscheidungen gezwungen, was dann doch sehr typisch für Chandlers literarisches Schaffen ist.
Natürlich ist die Zeit nicht spurlos an George Marshalls Films vorbeigegangen, aber DIE BLAUE DAHLIE kann dennoch als echter Film-Noir-Klassiker angesehen werden, der weniger echter Krimi als "Morality play" ist beziehungsweise Spiegelbild der Chandler'schen Sicht der damaligen Gesellschaft.
Die wundervolle Veronica Lake verkörpert hier zur Abwechslung mal nicht die typische Femme Fatale, die an der Seite von Alan Ladd auch noch in THE GLASS KEY und THIS GUN FOR HIRE zu sehen ist.
Der Titel DIE BLAUE DAHLIE war wohl tatsächlich der Grund dafür, warum die Anfang 1947 in Los Angeles grausam ermordete Elizabeth Short später "Black Dahlia" getauft wurde, wobei es dazu zwei divergierende Geschichten gibt.
Ein atmosphärischer und spannender Film in wirklich exzellenter Bild- und Tonqualität, wobei der Originalton bei solchen Veröffentlichungen immer besser klingt, was sicher an der guten Vorarbeit von Universal liegt, die ihn bereits in England auf DVD veröffentlicht hatten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #79 August/September 2008 und Thomas Kerpen