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DER UNHEIMLICHE FREMDE

Das Schaffen des französischer Filmregisseurs Serge Leroy, der zuerst Fernsehreportagen drehte, ist hierzulande kaum erschlossen. Zumindest kamen seine frühen Thriller wie „ Der Schatten, der uns verfolgte“ oder „Ein wildes Wochenende“, die meist deutlich kritischer und kompromissloser als andere Genrefilme die französische Gesellschaft ins Visier nahmen, bei uns nie über einen Kinoeinsatz hinaus. Auch Leroys „Der unheimliche Fremde“ (Originaltitel „Attention, les enfants regardent“, „Achtung, die Kinder schauen zu“) war bisher nur im Kino und im Fernsehen zu sehen, und erschien jetzt das erste Mal auf DVD, in ordentlicher Qualität, aber ohne Untertitel für die französische Originaltonspur. Grundlage dafür war der Roman „Kinderstunde“ von Laird Koenig (und Peter L. Dixon), dessen Buch „Das Mädchen am Ende der Straße“ ebenfalls verfilmt wurde. Darin geht es um vier Geschwister im Alter von fünf bis 13 Jahren, deren Eltern, ein wohlhabendes Filmemacher-Ehepaar, wegen Dreharbeiten längere Zeit in Dublin weilen, und die Kinderaufzucht dem spanischen Kindermädchen übertragen haben. Die Kinder verbringen die meiste Zeit vor dem Fernseher und scheren sich auch ansonsten wenig um die Anordnungen der Nanny, bis ein bösartiger Streich fatale Folgen hat. Dessen Zeuge wird ein geheimnisvoller Fremder (Alain Delon, der den Film auch produzierte), der die Kinder erpresst und sich fortan in deren Villa an der französischen Riviera einnistet. Leroy gelang dabei eine ungewöhnliche und leicht märchenhafte psychologische Studie über den schädlichen Einfluss von Fernsehen und Fernsehgewalt, die durch ihre schonungslose Zurschaustellung kindlicher Grausamkeit an den zwei Jahre zuvor entstandenen spanischen Horrorfilm „¿Quién puede matar a un niño?“, „Böse Saat“ von 1956 oder auch Michael Hanekes „Benny’s Video“ von 1993 erinnert.