David Christian Pajo ist ein wenig der Hans Dampf in allen Gassen der Undergroundmusikszene von Louisville, KY, die auch immer eine starke Verbindung zu der von Chicago besaß. Und so hat Pajo bei SLINT gespielt, die neben SQUIRREL BAIT so was wie Postrock erst auf den Weg brachten, später dann bei TORTOISE, THE FOR CARNATION und ZWAN, dem von Billy Corgan initiierten schwer gefloppten Pumpkins-Nachfolgeprojekt.
Solo hat Pajo unter verschiedenen Pseudonymen ebenfalls Platten gemacht, mit überwiegend experimentellen folkigen Singer/Songwriter-Klängen. Bei aller vorhandenen musikalischen Bandbreite überrascht seine neueste Band aber dennoch, so als ob er sagen wollte: "Wir können Metal" - nach Post-Rock also Post-Metal -, was eventuell auch einem neu erwachten Interesse an diesem Genre geschuldet sein könnte, ähnlich wie bei Dave Grohls 2004er PROBOT-Album.
Die Frage ist natürlich, ob man Metal heutzutage überhaupt noch ironiefrei adaptieren kann, denn gerade die Metal-Szene ist ja bevölkert von den lächerlichsten Gestalten und geschmacklichen Entgleisungen, die kaum noch tolerierbar sind.
Und wenn dann irgendwelche norwegischen Muckibuden-Metaller dem Satan huldigen, ist für mich die Zeit zu gehen gekommen, bevor ich noch vor Lachen zerplatze. Glücklicherweise ist DEAD CHILD aber eher eine Hommage an alte Metal-Pioniere wie BLACK SABBATH, was man besonders an den schwer doomigen Parts merkt, und natürlich an die frühen IRON MAIDEN, also "The New Wave Of British Heavy Metal", der hier musikalisch versiert in elf Songs gepresst wurde.
Das ist auch für Nicht-Metal-Fans durchaus goutierbar, denn gerade in den Instrumentalpassagen sind DEAD CHILD eine unheimlich tighte, intensive Angelegenheit. Auf übertriebene Soli wurde ebenfalls verzichtet und auf Sänger Dahm dürfte selbst die eine oder andere waschechte Metalband neidisch sein, der es mit irgendwelcher Stimmakrobatik aber keinesfalls übertreibt.
Ebenfalls in der Band sind Gitarrist Michael McMahan (ob der wohl mit Brian McMahan von SQUIRREL BAIT und SLINT verwandt ist?) und Bassist Todd Cook, mit denen Pajo 2005 mal eine Art SLINT-Reunion am Start hatte.
Je nach Tageslaune finde ich DEAD CHILD entweder völlig großartig oder etwas nervig, denn die Jungs meinen es wirklich ernst - Irony is not included -, also etwas ganz anderes als die FUCKING CHAMPS.
Außer Frage steht allerdings, dass das hier eine musikalisch völlig hervorragende Platte ist, die diesem Genre völlig unpeinlich auf den Leib rückt und mehr true to Metal ist als so manche "ernsthafte" Metal-Band.
Na ja, aber vielleicht hätte ihnen dennoch ein etwas weniger blöder Bandname als "totes Kind" einfallen können. Und der Hammergag obendrauf ist natürlich noch, dass die Platte die Katalognummer QS666 trägt.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #78 Juni/Juli 2008 und Thomas Kerpen