Kaum jemand dürfte in seiner Schulzeit am Werk des Schweizer Autors Friedrich Dürrenmatt vorbeigekommen sein, sei es „Der Richter und sein Henker“ oder „Das Versprechen“, bei denen es sich im weitesten Sinne um Kriminalromane handelt, die sich allerdings über die gängigen Regeln eines Krimis hinwegsetzen. So geht es in „Das Versprechen“ um einen Kommissar, der den Eltern eines ermordeten Mädchens die traurige Nachricht vom Tod ihrer Tochter überbringen muss und der Mutter schließlich verspricht, dass er den Mörder fassen werde. Dieses Versprechen führt bei dem Kommissar zu einer regelrecht selbstzerstörerischen Besessenheit, der auf der Suche nach dem Mörder eine Tankstelle mietet, um dort auf den Zufall zu hoffen, und dabei sogar so weit geht, ein kleines Mädchen als Köder zu benutzen, um dem Täter eine Falle zu stellen. Bekannter als Dürrenmatts Roman dürfte Ladislao Vajdas Film „Es geschah am hellichten Tag“ mit Gert Fröbe und Heinz Rühmann sein, für den der Autor das Drehbuch schrieb. Erst später entstand sein Roman, aufgrund seiner Unzufriedenheit mit dem Film, in dem der Täter schließlich gefasst wird. Denn in Dürrenmatts Roman bleibt die Suche nach dem Täter für den Kommissar hingegen ergebnislos, der daran schließlich zerbricht. Sean Penn, der ja vor allem als Schauspieler bekannt ist, aber auch einige Male erfolgreich im Regiestuhl Platz nahm, drehte mit dem jetzt das erste Mal auch auf Blu-ray (mit zusätzlichem Bonusmaterial) veröffentlichten „Das Versprechen“ („The Pledge“) kein Remake von Vajdas Film, sondern orientierte sich in seiner unkonventionellen amerikanisierten Version an Dürrenmatts Roman, in der ein wie so oft brillanter Jack Nicholson als Kriminalbeamter bei seiner obsessiven Suche nach einem Kindermörder an seinem uneinlösbaren Versprechen seelisch zugrunde geht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #172 Februar/März 2024 und Thomas Kerpen