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DAS VERSCHWINDEN DES JOSEF MENGELE

Matz, Jörg Mailliet

In meiner Kindheit und Jugend auf der schwäbischen Alb waren sie allgegenwärtig, die landwirtschaftlichen Fahrzeuge der Firma Mengele. Gebaut wurden sie ein paar Kilometer weiter in Günzburg, und es muss im Zuge des Geschichtsunterrichts Anfang/Mitte der 1980er gewesen sein, dass der Name Josef Mengele fiel und der Lehrer erwähnte, der flüchtige KZ-Arzt stamme aus jener Industriellenfamilie in Günzburg. Ich weiß nicht mehr, ob damals schon allgemein bekannt war, dass Mengele – damals noch untergetaucht in Südamerika lebend – als gesuchter Nazimörder incognito nach Deutschland, nach Günzburg reisen konnte, dass er Kontakt hielt zu seiner Familie, bis zu seinem Tod am 7. Februar 1979, als er beim Baden am einem Strand in Brasilien ertrank. Mengele, Jahrgang 1911, war SS-Mitglied und Lagerarzt in Auschwitz, eine sadistische Bestie, die „wissenschaftliche“ Untersuchungen an KZ-Insassen ausführte. Nach dem Krieg schaffte er die Flucht nach Argentinien, wie so viele andere Naziverbrecher auch. Olivier Guez schrieb 2017 einen Roman – gleicher Titel wie diese Graphic Novel – über Mengeles Leben, und Matz und Jörg Mailliet haben diesen nun in dichte, detailgenaue Bilder mit prägnanten Dialogen umgesetzt. Es ist eine Geschichtsstunde im Schnelldurchlauf, und es ist schwer zu ertragen zu lesen, was für ein menschenverachtender Zyniker dieser Mengele gewesen sein muss. Sicher spielt hier und da eine gewisse literarische Ausschmückung mit hinein, aber die Eckpunkte sind belegt. Verstörendes zeichnerisches Detail: Der Rauch, der aus Schornsteinen steigt, sieht immer aus wie der des Krematoriums von Auschwitz.