Mit seinen bisherigen beiden Kinofilmen „Berberian Sound Studio“ (2012) und „Duke Of Burgundy“ (2014) hat sich der Brite Peter Strickland als einer der außergewöhnlichsten neuen Filmemacher seines Heimatlandes empfohlen. Ein Mainstreampublikum wird allerdings wenig Freude an Strickland haben, der in einem Arthouse-Umfeld die Grenzen von Genrekino auslotet. Hinsichtlich Stil und Ästhetik bewegt sich Strickland in einem anachronistisch anmutenden Retro-Parallel-Universum, streift dabei Genres wie Psychothriller und Horrorfilm, entzieht sich aber durch die antiklimaktische Struktur seiner Arbeiten einer genaueren Kategorisierung. Was Stricklands Filme ebenfalls ausmacht, ist die geschmackvolle musikalische Untermalung, bei „Duke Of Burgundy“ von CAT’S EYES und bei „Berberian Sound Studio“ von BROADCAST. Auch bei seiner aktuellen, hierzulande jetzt etwas verspätet auf DVD und Blu-ray erschienen Materialismuskritik „Das blutrote Kleid“ (Originaltitel „In Fabric“) bewies Strickland mit CAVERN OF ANTI-MATTER, der Band von STEREOLAB-Gitarrist Tim Gane, als Soundtrack-Lieferant erneut ein gutes Händchen. Ebenfalls zu hören sind zwei ältere Stücken von NURSE WITH WOUND. „Das blutrote Kleid“ wirkt manchmal, als hätte Quentin Dupieux eine Hommage an Dario Argento gedreht, in deren Mittelpunkt ein britisches Kaufhaus der 90er steht, das offenbar von einem bizarren Hexenzirkel betrieben wird – „Suspiria“ lässt schon grüßen. Von dort stammt auch ein verwunschenes rotes Kleid, das seinen Besitzern das Leben zur Hölle macht. „Das blutrote Kleid“ ist wahrscheinlich Stricklands humorvollster und trotz seiner Laufzeit von knapp zwei Stunden kurzweiligster Film, in dem man neben einem mörderischen Kleid mit menstruierenden Schaufensterpuppen und Waschmaschinen-Fachsimpelei konfrontiert wird.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #156 Juni/Juli 2021 und Thomas Kerpen