DAF

Alles ist gut

Gabi Delgado-López und Robert Görl lebten Anfang der Achtziger Jahre für einige Zeit in London, teilweise auf der Straße oder in besetzten Häusern, und wurden von Mute-Gründer Daniel Miller im Vorprogramm von THE BIRTHDAY PARTY entdeckt.

Und entsprechend radikal waren DAF auch. Ihr stilisiertes, betont maskulines und stets in schwarz gehaltenes Outfit machte sie zur formenden Keimzelle von Electronic Body Music (EBM). Bands wie FRONT 242 und NIZZER EBB wären ohne DAF nicht denkbar gewesen.

Während das erste DAF-Album „Ein Produkt der deutsch-amerikanischen Freundschaft“ noch etwas in der Findungsphase war, liefen sie mit den Folgealben „Alles ist gut“ (vermutlich ihr bestes Album) und „Für immer“ zu Hochform auf.

Und was „Es geht voran“ für die FEHLFARBEN war, ist „Der Mussolini“ für DAF: Der kommerziell erfolgreichste Song von DAF, hinter dem sich jedoch mindestens 30 sehr viel bessere Tracks verbergen.

„Ich und die Wirklichkeit“, „Sato sato“, „Alle gegen alle“, „Als wär’s das letzte Mal“ (hier gibt es eine großartige Coverversion von NAGORNY KARABACH auf deren Album „Kleine Exkursion“) sind einmalige und kraftvolle Songs, die direkter nicht sein könnten und bis heute Standards in Sachen (minimaler) elektronischer Musik setzen.

„Als wär’s das letzte Mal“ brachte direkt mit verschwitzter schwarzer Lederkluft den Sex auf die Dancefloors der Neon-Discos. Der druckvolle Beat des Songs wirft einen über Tanzfläche und Gabi Delgado-López – in Betonung einer jeden einzelnen Silbe – macht sich Luft: „Drück dich an mich, so fest wie du kannst.

Küss mich, mein Liebling, so viel wie du kannst. Drück dich an mich, gib mir so viel wie du kannst. Liebe mich mein Liebling, als wär’s das letzte Mal.“ DAF waren Meister der Selbstinszenierung, polarisierten intelligent und ließen textlichen Interpretationsspielraum offen.

In Rom spielten sie inmitten einer aufgeheizten Menge linker und rechter Skinheads. Beide Gruppen schienen sich in gleichem Maße der Band zu bedienen. Das Duo brach das Konzert nicht ab, auch wenn Gabi Delgado-López oft betonte, dass ihm nicht wohl dabei war.

Mit dem Song „Verschwende deine Jugend“ haben sie nicht nur den Titel geliefert für Jürgen Teipels Doku-Roman über die Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger Jahre aufkeimende Neue Deutsche Welle, sondern den Soundtrack der damaligen Zeit.

Bis heute ist die Energie in ihren Songs erhalten geblieben. DAF lebten kategorisch den Moment, um damit das Lebensgefühl einer Generation beschrieben zu haben: „Schnelle Produktion für die schnelle Republik.

Wer täglich stirbt, lebt für den Augenblick. Das Leben ist langweilig. Es macht keinen Spaß. Das Leben ist flach. Nachtarbeit ist Arbeit in der Nacht. Nachtarbeit ist Arbeit in der Nacht“ (aus dem DAF-Song „Nachtarbeit“).