Wird ein ganz ordentlicher Witz dadurch besser, dass man ihn mit schriller Stimme, orangener Perücke, roter Nase und falschen Zähnen in doppelter Geschwindigkeit noch mal erzählt? Eine Frage, die man sich bei eigentlich jeder Fortsetzung eines erfolgreichen Filmes stellen kann.
In diesem Fall handelt es sich um den Nachfolger von Mark Neveldines und Brian Taylors CRANK von 2006, in dem die beiden aufstrebenden Jungregisseure den Profikiller Chev Chelios (Jason Statham) durch eine sympathisch durchgeknallte Gewaltorgie hetzten.
Denn der war von jemandem vergiftet worden und blieb nur durch die permanente Produktion von körpereigenem Adrenalin am Leben, bis er die Schuldigen gestellt hatte – herrlich absurde Situationen galore waren da vorprogrammiert.
Dummerweise fiel Chelios, der ja nach wie vor das Gift in seinem Körper hatte, am Ende des ersten Teils aus einem Hubschrauber, sollte also das Zeitliche gesegnet haben, und schlägt zu Beginn der Fortsetzung dementsprechend heftig aber relativ unbeschädigt auf dem Asphalt auf.
Unmittelbar darauf sind ein paar chinesische Gangster zur Stelle, die den immer noch quicklebendigen Chelios einsammeln und in einem Primitiv-OP sein offenbar stählernes Herz durch eine billige Pumpe ersetzen, die der Profikiller in Folge mit Stromstößen am Laufen halten muss („Jesus Christ, that’s not fucking possible Chevy! You should be dead...
fine, nevermind.“). Das Schema gleicht dabei natürlich dem ersten Teil, denn erneut hetzt Chelios wie ein Verrückter durch die Gegend, um sein Herz wiederzubekommen, eine geschmacklose Schnitzeljagd durch Los Angeles, bei der Neveldine und Taylor die Absurditätsschraube noch um einiges anziehen, und so darf Chelios diesmal mit seiner Freundin (Amy Smart) Sex auf einer Rennbahn haben.
War CRANK trotz seiner angenehm radikalen Umsetzung und Konsequenz noch um eine gewisse Ernsthaftigkeit bemüht, ist CRANK 2 nicht mehr als ein außer Rand und Band geratener Tex Avery Cartoon, katapultiert in die Konsolenerlebniswelt vieler Heranwachsender und angereichert mit letzten Resten herkömmlicher Actionstreifen.
Ernst nehmen kann man das noch weniger als CRANK 1, spätestens, als sich der Zweikampf zwischen Chelios und seinem asiatischen Gegenspieler zum Äquivalent eines billigen japanischen Monsterfilms entwickelt.
Doch der Hang zur provokanten Grenzüberschreitung und Verletzung von Tabus entbehrt diesmal jeglicher satirischer Note und oft auch jeglichen Humors, und ist ähnlich lustig, als ob einem jemand einen Chinaböller in die Hose gesteckt hätte.
CRANK 2 will soviel Spaß mit sich selbst haben, dass dieser sinnentleerte Nonsens für 90 Minuten einfach zu wenig zu bieten hat und bisweilen sogar richtig anstrengend wird. Wenn man CRANK gesehen hat, kennt man auch die Funktionsweise von CRANK 2, auch wenn sich Neveldine und Taylor natürlich bemühen, alles noch lauter, schneller und besser zu machen, aber nichts am permanenten Déjà-vu-Gefühl ihres Films ändern können, ein Witz, den sie eben schon mal und vor allem viel besser erzählt haben.
Insofern gehen auch hier die Meinungen auseinander: wer gerne mal was Neues sieht, wird CRANK 2 als schmerzhaft verzerrten Rip-off eines überraschend originellen Erstlings einstufen, wer in seinem Regal schon Platz für SAW 20 freigeräumt hat, würde sich wahrscheinlich auch noch mal denselben Aufguss in CRANK 3 anschauen.
Da Neveldine und Taylor momentan aber anderweitig gut beschäftigt sind (im Januar startet bei uns ihr aktueller Film GAMER, ebenfalls wieder mit stylischer Konsolenspieleoptik), kann man in dieser Hinsicht vorerst Entwarnung geben.
Auch die FSK konnte nicht so recht über CRANK 2 lachen, weshalb für die „Keine Jugendfreigabe“-Version, also die mit dem roten Siegel, knapp drei Minuten wundervoll sinnlose Gewalt weichen mussten.
Aber zumindest gibt es eine komplette SPIO/JK-DVD, erkennbar an dem Aufdruck „Uncut“ und dem schwarz unterlegten Prüfsiegel, und ebenfalls mit einer umfangreichen Bonus-Disc versehen. Man mag über CRANK 2 denken, was man will, aber es ist dennoch mal wieder ein Armutszeugnis, dass es in Deutschland nicht möglich ist, so einen sinnfreien Spaß in einer vollständigen, nur für Erwachsene freigegebenen Fassung normal in den Handel zu bekommen, ohne dass gleich wieder Richter und Staatsanwälte im Hintergrund lauern.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #87 Dezember 2009/Januar 2010 und Thomas Kerpen