An sich müsste man sich selbst dafür in die Fresse hauen, dass man sich die Fortsetzung eines Films angeschaut hat, den man ziemlich öde fand. Die Rede ist von COLD PREY beziehungsweise FRITT VILT von Roar Uthaug aus dem Jahr 2006, der einen zu Beginn mit dem üblichen Reisevideo nervt inklusive überästhetisierter Snowboardszenen und völlig uninteressanter junger Menschen, deren anschließendes Schicksal einen nicht weiter berührt.
Denn nach einem Unfall suchen die Jungs und Mädels in einem verlassenen Berghotel Unterschlupf, bis ein durchgeknallter Alm-Öhi Jagd auf sie macht. Und „ab 16“ war das Ganze auch noch freigegeben.
Bei der Fortsetzung von Mats Stenberg ist das FSK-Siegel knallrot und das macht sich im Film deutlich bemerkbar. Jede Menge guter Kritiken hat er wie der Vorgänger auch bekommen, also vielleicht doch mal einen Blick riskieren.
War COLD PREY die winterliche Entsprechung zu HALLOWEEN, ist COLD PREY 2 überdeutlich die Entsprechung zu HALLOWEEN II, schon alleine aufgrund der Location, einem Krankenhaus, in das die einzige Überlebende und der vermeintlich tote Killer eingeliefert werden.
Der erweist sich wie Jason und Michael als äußerst robustes Stehaufmännchen und schlachtet wenig später Personal, Patienten und zu Hilfe eilende Polizisten mitleidlos ab. Der Albtraum für Jannicke (erneut kompetent von Ingrid Bolsø Berdal dargestellt, zumindest ist sie zu mehr Emotionen fähig als Vorzeige-Tough-Chick Michelle Rodriguez) hat also noch kein Ende gefunden, die sich dem mordlüsternen Einsiedler beherzt in den Weg stellt.
Kommt einem irgendwie bekannt vor, könnte man kritisch anmerken, aber erstaunlicherweise kann Stenberg aus dieser überstrapazierten Slasher-Formel noch einen überraschend unterhaltsamen Film machen.
Liegt es an der unwirtlichen winterlichen Umgebung des Krankenhauses? Schnee und Eis sind ja eigentlich immer gute atmosphärische Rahmenbedingungen (den verunglückten WHITEOUT mal ausgenommen).
Oder ist es wegen der brutalen Konsequenz des gezeigten Gemetzels, man weiß es nicht. Auf jeden Fall funktioniert COLD PREY 2 als klassischer Slasherfilm ganz hervorragend, und wer sich da über fehlende Handlung und Originalität beschwert, hat höchstwahrscheinlich übersehen, dass die Fortsetzung den Vorgänger in Sachen kinetischer Energie und düsterem Schmuddel-Look weit hinter sich lässt, ebenso wie die meisten neueren amerikanischen Vertreter des Genres.
Revolutionär ist das alles nicht, aber für den Genre-Puristen eine angenehme Überraschung, zumal es sich ja nur um ein Sequel handelt. Seit Januar als ungeschnittene Kauf-DVD mit einer überschaubaren Anzahl von Extras erhältlich.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Thomas Kerpen