Ennio Morricone hat es vorgemacht und mit seinen Soundtracks Hollywood-Geschichte geschrieben – mit Melodien, die die Welt pfeift. Und unzählige italienische namenlose Mini-Morricones haben B- und C-Movies vertont, schäbige Exploitation-Filmchen, die kaum jemand sehen wollte.
Deswegen gerieten deren Scores leider oft in Vergessenheit, im Gegensatz zu so manchem Streifen völlig zu Unrecht. Die lobenswerte Compilation-Reihe „Beat At Cinecittà“ hatte vor einigen Jahren eine Menge solcher Soundtrack-Perlen zusammengetragen, und genau diese Sounds waren es, die als Grundlage für das Mailänder Instrumental-Ensemble CALIBRO 35 dienten.
Besetzt mit hochkarätigen Studio-Muckern produziert das Quartett Melodien für Filme, die es nie gab, vollzieht den Spagat zwischen Funk, Jazz, Rock, Soul und Klassik mit der toskanischen Leichtigkeit.
Und obwohl – das ist für Soundtracks nun mal eigen – Melodiebögen und Harmoniegefüge oft nur flüchtig, skizzenhaft erscheinen, bauen alle Songs eine unglaubliche Spannung auf. Sie wirken, auch Merkmal eines guten Soundtracks, auf der Gefühlsebene, lassen den Zuschauer bestimmte Handlungsstränge intensiver erleben.
Dies gelingt CALIBRO 35 auf dem neuen (zweiten) Album meisterhaft. Die Resonanz in Italien war bislang fulminant, mittlerweile haben sie auch „echte“ Soundtracks in die Kinos gebracht, spielen Live-Sets vor der Leinwand, touren in den USA.
Zu Recht, denn sie liefern einfach oscarverdächtige Qualitätsware ab.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #89 April/Mai 2010 und Gereon Helmer