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BREZEL GÖRING UND PSYCHOANALYSE

Friedhof der Moral

Das Leichte mit dem Schweren zu verbinden – und umgekehrt, ist vielleicht eine der größten Künste, die es so gibt. Einer, der das ziemlich gut beherrscht, ist Brezel Göring, der Welt bekannt als eine Hälfte von STEREO TOTAL. Seit dem Tod seiner Lebens- und Bandpartnerin Françoise Cactus hat er den kreativen Weg nach vorn angetreten, kompletter Rückzug als Methode zur Verarbeitung scheint keine Option gewesen zu sein, Musik als heilendes Element dagegen schon: Da war zuerst das „Psychoanalyse Vol. 2“-Album, dann gibt es noch die hübsch schräge Garage-Noisepop-Band NEBEL3000 und nun schon das nächste Album. Das verwirrt zunächst von der Aufmachung her, „PSYCHOANALYSE“ steht ganz groß auf dem Cover, der Titel klein daneben. Was ist hier eigentlich was?, fragt sich der Rezensent. Das passt auch zum musikalischen Teil, denn das Changieren zwischen Kreuzberger Hedonismus, Melancholie und Orientierungslosigkeit ist überall hörbar. Brezel schafft es erstaunlicherweise, all diese Facetten in seinen Songs unterzubringen. Die Tracks tragen oft eine Traurigkeit in sich, die aber sehr leicht und zuweilen selbstironisch transportiert wird. „Friedhof der Moral“ ist ein hübsch abwechslungsreicher Ritt durch Brezels Musikuniversum. Darin kreisen zum größten Teil die Planeten Garage-Rock, Chanson, Pop und Billo-Elektro – alle gut austariert im universellen Gleichgewicht. Zwischendurch ist auch noch mal Françoise Cactus zu hören und dann wird es doch sehr traurig. Es ist immer noch nicht ganz leicht, Brezel Göring ganz ohne seine langjährige Partnerin zu denken. Aber wie bei vielen schwierigen Dingen im Leben, ist zu sagen: Es wird. Und dieses Album hilft.