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BRAVADOS

Gerade in den amerikanischen Westernklassikern der frühen Jahre wurde die Wirklichkeit bei der Eroberung und Besiedlung des sogenannten Wilden Westens eher beschönigend als realistisch dargestellt. Der Gründungsmythos Amerikas ist von Romantisierung und Verherrlichung von Selbstverteidigung geprägt, wenn sich einsame Cowboys wilde Schießereien mit üblen Schurken liefern. Aber John Wayne war nicht das Maß aller Dinge, denn es gab auch Western, die sich auf psychologischere Weise der Beschaffenheit ihrer Helden und Bösewichter annahmen, oft in interessanten Graubereichen. So wie Anthony Mann mit seinen in den 1950er Jahren entstandenen Filmen „Nackte Gewalt“ oder „Der Mann aus Laramie“, ähnlich wie André De Toth 1959 mit „Tag der Gesetzlosen“. Dazu kann man ebenfalls die subtil inszenierte Charakterstudie „Der Scharfschütze“ von Henry King aus dem Jahr 1950 zählen, einer von sechs King-Filmen mit Gregory Peck als Hauptdarsteller, der darin einen in die Jahre gekommenen Revolverhelden spielt. In seinem ungewöhnlichen Rachewestern „Bravados“ begegnet man Peck ebenfalls als Anti-Helden und verschlossenen Einzelgänger. Peck spielt den Rancher Jim Douglass, der den vermeintlichen Mördern seiner Frau auf der Spur ist, die er glaubt, in den vier Männern gefunden zu haben, die in der Kleinstadt Rio Arriba auf ihre Hinrichtung warten. Als diese fliehen können, begibt sich der Rancher auf einen unbarmherzigen und ziemlich sinnlosen Rachefeldzug, ohne dass die Schuld der Todeskandidaten (darunter Lee Van Cleef und Henry Silva) wirklich bewiesen worden wäre. Man merkt diesem hervorragenden psychologischen Western die Handschrift von Philip Yordan an, der auch an „Der Mann aus Laramie“ und „Tag der Gesetzlosen“ beteiligt war. Auf Blu-ray erschien „Bravados“ bereits 2017 in guter Qualität und wurde jetzt wiederveröffentlicht.