Mit dem spanisch-mexikanischen Regisseur Luis Buñuel verbindet man vor allem eine Szene aus dem 15-minütigen Kurzfilm „Ein andalusischer Hund“, seiner Zusammenarbeit mit Salvador Dalí von 1929, als die Klinge eines Rasiermessers das Auge eines jungen Mädchens zerschneidet.
In Buñuels weiterer Karriere blieb der Einfluss des Surrealismus in Form von vieldeutigen Symbolismen und Tabubrüchen erhalten. Geprägt waren die meisten seiner Filme durch provokante Attacken auf das Bürgertum und die Kirche, auch wenn diese mit der Zeit gemäßigter wurden.
So richtig warm bin ich bisher aber nicht mit Buñuels Schaffen geworden, dessen absurde Weltsicht und sein durchaus vorhandener Humor sich nicht immer erschloss. 1967 erschien sein kommerziell erfolgreichster Film „Belle de jour – Schöne des Tages“, basierend auf dem Roman des französischen Autors Joseph Kessel aus dem Jahr 1928.
Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums lief der Film kürzlich noch mal in den Kinos und wurde auch auf DVD und Blu-ray neu aufgelegt. Darauf enthalten ist auch das „Die Geschichte einer Perversion oder einer Emanzipation?“ betitelte Interview mit einem Sextherapeuten, das gut umreißt, worum es in „Belle de jour“ geht.
Denn Catherine Deneuve spielt darin die von ihrem Mann vernachlässigte Arztfrau Severine, die sich in eine erotische Traumwelt flüchtet, in denen sadomasochistische Phantasien eine entscheidende Rolle spielen.
Irgendwann reichen diese Träume aber nicht mehr und sie beginnt, als Prostituierte in einem Bordell zu arbeiten ... Auch wenn Buñuels ironisch-poetische Analyse der bürgerlichen Gesellschaft, Liebe und Ehe inzwischen recht harmlos wirkt, ist „Belle de jour“ immer noch ein geschmackvoll inszenierter Film, bei dem oft die Grenze zwischen Traum und Realität auf faszinierende Weise verschwimmt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #134 Oktober/November 2017 und Thomas Kerpen