Zürich wird heutzutage als Großstadt im deutschsprachigen Raum anders als etwa Köln, Hamburg oder Berlin kaum mehr als für Subkultur relevant wahrgenommen, sondern als vom Geld regierte Bonzenmetropole – die schon seit Jahrzehnten in Punkkreisen gepflegte Namensverballhornung „Zureich“ trifft heute in weit größerem Maße zu als in der zweiten Hälfte der 1970er, als die Stadt – Stichwort „Rote Fabrik“ – zu einem europäischen Szene-Hotspots wurde und TNT brüllten „Züri brännt!“. Dazu passt der Titel „Ausbruch & Rausch“ dieses quasi nachgeschobenen Ausstellungskatalogs, zusammengestellt vom Züricher Autor Stefan Zweifel (Jahrgang 1967) und der ebenfalls in Zürich geborenen Kunsthistorikerin Bice Curiger (Jahrgang 1948). Seit spätestens 1968 hatte es auch unter der Schweizer Jugend gegärt, seit 1971 duften Frauen in der Schweiz wählen, und mit 3.000 Franken aus dem Rathaus wurde 1975 in der Galerie für Bildende Kunst von Künstlerinnen die feministische Ausstellung „Frauen sehen Frauen“ realisiert – die eine Klammer dieses Buchs, in dem die damals in diesem Kontext aktive Bice Curiger mittels vieler Fotos rund um die damaligen Aktivist:innen und Aktionen (und eines einleitenden Textes) den gesellschaftlichen Aufbruch dokumentiert. Fast forward ins Frühjahr 1980: In der Ausstellung „Saus & Braus, Stadtkunst“ präsentierte sich die Züricher (Punk-)Musikszene, und auch ein Teil der aufbegehrenden Frauen von fünf Jahren vorher hatte hier ihre subkulturelle Heimat gefunden. „Frauen Kunst Punk 1975-1980“ ist ein wichtiger (feministischer) Blick zurück, der mit zahlreichen Gesprächstranskripten spannende Einblicke verschafft und mit enorm vielen Abbildungen besticht.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Joachim Hiller