Das Schaffen des französischen Regisseurs André Cayatte, der, bevor er ab 1942 begann Filme zu drehen, als Rechtsanwalt arbeitete, ist in Deutschland relativ unerschlossen. Zwar liefen erstaunlich viele seiner Film in den deutschen Kinos und später zum Teil im Fernsehen, dabei blieb es aber in der Regel. Insofern stellt die DVD-Veröffentlichung von „Auge um Auge“ („Oeil pour oeil“), der tatsächlich nur in den 1950er Jahren im Kino lief, eine echte Ausnahme dar, die Qualität der dafür verwendeten Vorlage lässt dementsprechend zu wünschen übrig. Angeblich soll der Film ein eher ungewöhnliches Widescreen-Bildformat besitzen (1,96:1, also etwas breiter als 16:9), so soll er auch hierzulande im Kino gelaufen sein, die DVD liefert aber nur das TV-Format 1.33:1. Ebenfalls enthalten ist hier die einige Minuten längere französische Originalfassung (leider ohne Untertitel) in ähnlicher Qualität. Allerdings fällt das Fehlen von Bildinformationen auch nicht wirklich auf. Bevor Cayatte sich auf juristische Themen spezialisierte, drehte er in den 1940er Jahren eher leichte Unterhaltung. In „Auge um Auge“ geht es aber um eine recht düstere „Analyse der Gerechtigkeit“. Cayattes Fokus in „Auge um Auge“ ist aber weniger die juristische Dimension von Gerechtigkeit – zumal auch keine direkte Straftat zugrunde liegt –, sondern eine moralische, die ganz im biblischen Sinne herbeigeführt werden soll, wie es der Titel schon andeutet. Curd Jürgens spielt darin den in Nordafrika (gedreht wurde der Film in Spanien) tätigen Chirurgen Dr. Walter, der eines nachts eine Frau untersuchen soll, was er aber ablehnt und sie ins Krankenhaus schickt, wo sie verstirbt. Die Schuld für ihren Tod gibt der Witwer (Folco Lulli aus „Lohn der Angst“) aber dem Chirurgen, mit dem er fortan ein regelrecht teuflisches Katz-und-Maus-Spiel treibt, um sich an ihm zu rächen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #116 Oktober/November 2014 und Thomas Kerpen
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