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ANARCHIST COOKBOOK

William Powell

„Macht kaputt, was euch kaputt macht“; oder die In-die-Realität-Transformation der „Propaganda der Tat“ – der sozialrevolutionär ausgerichtete Anarchismus hat in seinen bisweilen ins Diffuse hineinragenden Facettenreichtum immer Aspekte von Militanz oder gewaltförmiger Überwindung der jeweils herrschenden Verhältnisse eingebaut und sie mal mehr mal weniger kultiviert. Ab dem 19. Jahrhundert werden Texte verfasst, die seit Johann Mosts 1885 ediertem „Handbüchlein“ euphemistisch als „revolutionäre Kriegswissenschaft“ rubriziert werden können. In der BRD hat dieser „Gebrauchsanleitungsfetisch“ in der Radikal, der in den Achtzigern und Neunzigern einflussreichsten Zeitschrift der autonomen Bewegung, seinen bekanntesten Ausdruck gefunden. In den USA kommt diese Rolle dem „Anarchist Cookbook“ zu. Das von William Powell verfasste, 1971 vom Verlag Lyle Stuart Inc. veröffentlichte und schnell Kultstatus erlangende Buch enthält vor allem Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoffen und Drogen. Nun ist beim Index Verlag die deutsche Version erschienen; mit einer „einleitenden Bemerkung zu Anarchismus heute“. Und genau hierin liegt das Problem: Auch wenn Powell immer wieder auf die „wahren Bürger Amerikas“, die „schweigende Mehrheit“ rekurriert, wird offensichtlich, dass hier im skandalträchtigsten, kontroversesten, reißerischsten Style an eine irgendwie umherschweifende „Bewegung“ appelliert wird, die das im Vietnamkrieg wütende System in die Luft sprengen soll – ohne selbst aktiver Teil irgendeines emanzipatorischen Zusammenschlusses zu sein. Ob das als „Überlebensratgeber“ taugt, muss jede:r – sehr vorsichtig und stark reflektierend – für sich selbst „erlesen“.