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AM ABEND DES FOLGENDEN TAGES

„Am Abend des folgenden Tages“ scheint zu den häufig vernachlässigten Filmen in Marlon Brandos frühem Schaffen zu gehören (der dann in „Der Pate“ 1972 eine seiner ikonischsten Rollen spielte), was aufgrund des grässlichen Videocovers aus den 1980er Jahren kaum verwundert. In den deutschen Kinos war der Film bereits 1969 gelaufen. Ebenfalls bezeichnend ist, dass es keinen deutschen Wikipedia-Eintrag gibt. Dafür erschien der zugrundeliegende Roman „Der Todesschrei im Morgengrauen“ von Lionel White hierzulande 1972, dessen Buch „Totenschein im Handgepäck“ 1956 von Stanley Kubrick unter dem Titel „Die Rechnung ging nicht auf“ verfilmt wurde, und den auch Tarantino schon als Inspirationsquelle nannte. Allerdings lohnt eine Wiederentdeckung dieses eigenwilligen und recht nihilistischen Entführungsthrillers mit irritierender Schlussszene von Hubert Cornfield (zuvor drehte er „Die Sprache der Gewalt“ mit Sidney Poitier) durchaus, der bereits 2014 auf DVD erschien und jetzt das erste Mal auf Blu-ray, basierend auf einem neuen HD-Master (eine DVD-Neuauflage gibt es auch). In „Am Abend des folgenden Tages“ spielt Brando (angeblich etwas lustlos) das Mitglied einer Gruppe Krimineller (darunter namhafte Darsteller:innen wie Rita Moreno aus „West Side Story“ und Richard Boone), die in einem abgelegenen Strandhaus an der französischen Küste eine von ihnen entführte gut betuchte Erbin als Geisel gefangen halten, um den steinreichen Papi zu erpressen. Das klingt im ersten Moment nach einer nicht gerade originellen Entführungsgeschichte, der Cornfield allerdings neue Seiten abgewinnen kann und überaus spannend zeigt, wie die Geiselnahme immer mehr aus dem Ruder läuft und eskaliert, dank der unzuverlässigen Komplizen von Brando, von denen sich einer als skrupelloser Psychopath mit eigenen Plänen erweist.