Sehenswert: BOMB CITY (USA 2017, Regie: Jameson Brooks)

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Ermordet, weil er anders aussah, andere Musik hörte und andere Vorstellungen vom Leben hatte. Der Mord an Brian Deneke ist sicher vielen in unheilvoller Erinnerung geblieben: 1997 überfuhr der 17-jährige Footballspieler Dustin Camp in Amarillo, Texas – Bomb City genannt wegen der nahegelegenen Atomwaffenfabrik Pantex – den 19-jährigen Punk Brian Deneke. Der anschließende Prozess endete für Dustin Camp mit einer Bewährungs- und Geldstrafe. Er ist davongekommen, weil er ein konformes Mitglied der Gesellschaft war, ein All-American-Boy.

Zwanzig Jahre später hat Regisseur Jameson Brooks die Geschichte verfilmt, mit Dave Davis in der Hauptrolle und mit Luke Shelton als Dustin Camp, der im Film „Cody Cates“ genannt wird. „Bomb City“ lief auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest, war einer der beliebtesten Filme in der Rubrik Newcomer und löste dank seiner Authentizität bei allen Zuschauer*innen, die der Punk-Bewegung jemals nahestanden (und nicht nur diesen), ein beklemmendes Gefühl aus. Insbesondere die in die eigentliche Handlung geschnittenen Szenen der Gerichtsverhandlung, in der Cody Cates’ Verteidiger Brians Lederjacke, auf der FILTH (Brians Lieblingsband) steht und „Destroy Everything“, als Argument dafür präsentiert, dass Brian es wohl nicht anders verdient hätte, lässt einen wütend, aufgewühlt und fassungslos zurück. „Is this the message we want to send our children for generations to come? This is what that weapon-wielding goon wore the night of the altercation. Looks to me like he was on a mission to kill“, hetzt der im Film Cameron Wilson (ein Pseudonym für Warren L. Clark) genannte Anwalt. Dass alle Zeugen übereinstimmend aussagen, dass sich der Angeklagte kurz vor der Tat als Ninja bezeichnete und den Mord danach freudig kommentierte („I bet he liked that one!“), und dies nicht zu einer harten Strafe führt, ist nur eine weitere deprimierende Fußnote.

Selbstverständlich ergreift der Film klar Position für Brian Deneke – was in den Gesprächen nach dem Film irritierenderweise für einige Streitereien sorgte –, zeichnet aber ein durchaus differenziertes Bild von den anderen Beteiligten. So wird Dustin Camp alias Cody Cates als etwas mickriger Teenager gezeigt, der zwar Football spielt, aber nicht mit den richtigen Sportskanonen mithalten kann und ihnen mit dieser Tat imponieren und damit sein Selbstwertgefühle aufwerten will. Der Film ist einer der wenigen über die Punk-Bewegung, die sich völlig authentisch anfühlen, auch wegen des perfekten Soundtracks mit TOTAL CHAOS, FILTH, SUBHUMANS und BLANKS 77, und gerade deshalb ist „Bomb City“ so emotional mitreißend und zu Tränen rührend. Ein „Real-Life Suburbia“, wie eine in Amerika lebende Freundin in Anspielung und den Film von Penelope Spheeris sagte.