Sean Sellers / GOOD RIDDANCE, THE REAL McKENZIES, AUTHORITY ZERO

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My Little Drummerboy – Folge 14

Als 1996 die zweite LP „A Comprehensive Guide To Moderne Rebellion“ der seit 2012 wieder aktiven GOOD RIDDANCE erschien, war es insbesondere der unglaublich treibende Drumsound der mich – noch bevor die eigentlichen Songs zündeten – faszinierte. Die Verbesserung des Drumsounds gegenüber dem Debütalbum war unüberhörbar. Über die Jahre hinweg veröffentlichten GOOD RIDDANCE mehr als nur ein Hitalbum und Sean Sellers wurde als treibende Macht im Hintergrund immer stärker. Bereits vor der Auflösung der Band begann Sean bei den REAL McKENZIES zu trommeln und drückte in den Folgejahren auch den kanadischen Dudelsackpunks seinen ganz eigenen Stempel auf. Gründe genug, sich mit dem Kalifornier im Rahmen der REAL McKENZIES-Tour zu treffen, um ihn zu seiner langen Karriere als Drummerboy zu befragen.

Sean, wie und wann bist du das erste Mal mit Musik in Berührung gekommen?

Alles begann damit, dass mein Bruder und ich auf selbst gebastelten Pappgitarren zu AC/DC und KISS abgerockt haben. Bevor ich in die 9. Klasse kam, war ich in einem Sommer-Ferienlager, nur so um in den Ferien Leute zu treffen, und da hingen dann Typen rum, die schon Bass und Gitarre spielten. Also nahm ich ein Paar Drumsticks in die Hand und habe auf meinem Bett rumgehauen. So haben wir dann vor uns hingejammt und erst zwei Jahre später – als ich gerade 16 geworden war – bekam ich mein erstes richtiges Drumset. Das war damals ein Pearl Export, das mein Vater für mich gekauft hatte. Zwei weitere Jahre gingen ins Land und dann war ich mit meiner damaligen Band DOWNCAST das erste Mal in Europa auf Tour.

War dir immer klar, dass du nur Schlagzeug spielen wolltest, oder hast du es auch mal mit anderen Instrumenten versucht?

Oh, als ich noch viel jünger war, habe ich es eine Weile lang mal mit Klavier versucht, aber als ich dann das erste Mal auf einer Snare getrommelt hatte, war mir schnell klar, dass ich eigentlich lieber Schlagzeuger werden wollte. Und zwei Jahre später – das war 1992 – war ich dann als 18-Jähriger schon in Europa auf Tour. Das war irre.

Bist du durch deine Familie vorbelastet gewesen?

Nein, eigentlich nicht. Meine Mutter spielte zwar ein bisschen Klavier, aber eine wirkliche Musikerfamilie waren wir nicht. Es war eher so, dass ich in meiner Nachbarschaft viele Skaterfreunde hatte, die Punkrock hörten und auch selbst Musik machten. Das wurde im Laufe der Zeit ein echter Freundeskreis, der es ja eigentlich auch heute noch ist. Früher beschränkte sich der Kreis eben auf Südkalifornien und dann ist er kontinuierlich weiter gewachsen. Ich hatte also immer Leute um mich herum, mit denen ich Musik machen konnte.

Warst du immer auf Punkrock fixiert oder hast du dich auch für andere Musik interessiert?

Ich war schon immer sehr offen und habe mir alles mögliche angehört. Ich habe in Ska-Bands, New-Wave-Bands, Punk- und Metal-Bands gespielt, so dass immer genug Abwechslung vorhanden war. Ich liebe all diese verschiedenen Stile, denn vor allem liebe ich ja das Trommeln.

Wie lange hast du mit DOWNCAST gespielt und wie ging es dann weiter?

Ich habe für ungefähr eineinhalb Jahre mit DOWNCAST gespielt, bis sie sich dann auflösten, und dann habe ich mit jeder Band in Santa Barbara gespielt, die mich haben wollte – nur um weiter Musik machen zu können. Dann habe ich 1995 die Jungs von GOOD RIDDANCE getroffen. Sie waren Freunde von LAGWAGON, die ich wiederum gut kannte. Ich kannte ihre Songs eh schon alle und spielte dann einige Shows mit ihnen. Danach war es schnell klar, dass wir gut harmonierten, und so war ich dann fest in der Band. Mit GOOD RIDDANCE bin ich dann über zehn Jahre rund um den Globus gezogen, bis wir uns auflösten. Damals habe ich auch schon mit den REAL McKENZIES gespielt und war seit 2000 auch bei DOWNSET für einige Tourneen als Drummer am Start. Das war so die Zeit, als GOOD RIDDANCE schon weniger aktiv und die REAL McKENZIES umso mehr auf Tour waren. Ich war also immer reichlich beschäftigt und konnte mich über Langeweile nie beklagen.

Hattest du zuvor jemals einen „normalen“ Job, bevor du Profi wurdest?

Ja, ich hatte einen stinknormalen Job, aber der hat mich so verrückt gemacht, dass ich die ganze Zeit nur darüber nachgedacht habe, wie und mit wem ich am schnellsten wieder auf Tour gehen könnte. Heute habe ich einen neun Jahre alten Sohn, der zum Glück total auf die Sachen steht, die sein Vater so macht. Er liebt es, mich zu Konzerten zu begleiten. Je nachdem, wie lange ich auf Tour bin, schaffe ich es, ihn so alle sechs bis sieben Wochen mal wieder zu sehen. Die REAL McKENZIES sind ungefähr sechs Monate im Jahr auf Tour und zur Zeit spiele ich auch noch bei AUTHORITY ZERO, so dass ich zehn Monate im Jahr unterwegs bin. Dazwischen kommen noch Studioaufnahmen, wie zum Beispiel das neue REAL McKENZIES-Album, das wir gerade aufgenommen haben. Warte es ab, das ist das Album mit dem besten Drumsound, den ich jemals in meinem Leben hatte. Ich bin wirklich sehr glücklich damit und möchte auch ausdrücklich die überragende Produktion von Steve Loree hervorheben.

Gibt es noch weitere Alben, mit denen du besonders zufrieden bist?

Von den GOOD RIDDANCE-Alben sind es „Operation Phoenix“ und das letzte Studio-Album „My Republic“, bei denen ich mich besonders wohl gefühlt habe. Da arbeitete die Band besonders gut zusammen und wir haben viele Ideen gemeinsam ausprobiert. Ich habe im Studio intensiv mit Bill Stevenson zusammengearbeitet und das war wirklich eine großartige Erfahrung. Mit Bill habe ich Dinge ausprobiert, auf die ich alleine niemals gekommen wäre, und er hat mich immer noch weiter gepusht, so dass wohl mein bestes Album dabei herausgekommen ist. Es ist immer ein großes Vergnügen, mit Bill zusammenzuarbeiten.

Gibt es andere Drummer, bei denen du dir als Jugendlicher Grooves abgeschaut hast?

John Bonham von LED ZEPPELIN muss ich erwähnen, den ich für einen der größten Drummer aller Zeiten halte. Stuart Copeland von THE POLICE hat mich als Kid auch beeinflusst, und von den modernen Drummern mag ich Dave Grohl, Taylor Hawkins und Josh Freeze sehr. Ich glaube, diese drei sind wirklich phänomenal. Ach so, ich sollte Tony Palermo von PAPA ROACH nicht vergessen, der ein guter Freund von mir ist und mir viele Tricks beigebracht hat. Man soll das ja nicht sagen, aber dieser Typ ist eigentlich perfekt, wenn er spielt. Unglaublich. Das dürften so meine Favoriten sein, die ich mir konstant über all die Jahre immer wieder angehört habe. Ich war zwar im Grunde Autodidakt, aber es waren immer Leute um mich herum, von denen ich Dinge gelernt habe. Einer von denen war der erste LAGWAGON-Drummer Derrick Plourde, von dem ich lernte, wie man Punkrock spielt. Derrick kam jeden Tag zu mir nach Hause und wir haben dann zusammen gespielt. Das waren also keine offiziellen Unterrichtsstunden, sondern wir haben einfach so zusammen getrommelt. Derrick ist auch dafür verantwortlich, dass ich nie mit einer Doppelbass gespielt habe, weil er mir schon sehr früh gezeigt hat, dass man eigentlich alle Figuren auch mit einem Fuß spielen kann. Ich habe also hart daran gearbeitet und es gab dann zur ersten GOOD RIDDANCE-LP einige Reviews in denen Folgendes zu lesen war: „Das ist eine starke Platte, aber sagt dem Drummer, er soll bloß aufhören, Doppelbass zu spielen!“

Habt ihr damals einfach zu lauter Musik dazu gespielt?

Ja, genau so. Wir haben die Musik so laut aufgedreht, wie es ging, und dann in der Garage meiner Eltern dazu getrommelt. Immer so lange, bis die Polizei auftauchte. Wir haben immer richtig das Haus gerockt und meine Schwester war wirklich alles andere als begeistert davon. Erstens waren wir sehr laut und zweitens interessierte sie sich nur für schreckliche Popmusik. Und diese poppige Mädchenmusik der späten Achtziger und frühen Neunziger war ja auch wirklich furchtbar.

Worin liegen für dich die wesentlichen Unterschiede zwischen Live- und Studio-Arbeit?

Live zu spielen ist eindeutig emotionaler. Live spiele ich schon wesentlich aggressiver als im Studio. Ich liebe es aber auch, im Studio zu spielen. So für mich allein, mit dem Kopfhörer auf dem Kopf und dem Klick im Ohr. Da nimmt man dann jede Nuance der Musik wahr und hat in seiner vertrauten Umgebung alles unter Kontrolle. Das ist schon eine komplett andere Welt, als auf der Bühne zu spielen. Da spielst du dann vor so vielen Leuten und das Adrenalin strömt durch deinen Körper. Das macht halt auch viel Spaß und ich liebe wirklich beides.

Hast du irgendwelche Endorsement-Verträge?

Ich habe einen Vertrag mit Pro-Mark Sticks und Paiste Cymbals für meine Becken. Beide Verträge laufen schon seit 1998 und ich kann mich wirklich nicht beschweren. Über die Jahre hat sich da ein sehr enges Verhältnis aufgebaut. Bei den Drums spiele ich zur Zeit noch ein Set von Orange County Percussion, aber eigentlich hoffe, dass sich das dieses Jahr noch ändert.

Würdest du gern mal andere Musik spielen?

Ich würde sehr gern mal ein Reggae-Album aufnehmen und wünsche mir so sehr, mal die Zeit zu haben, mich auf diese coolen Grooves konzentrieren zu können. Wenn ich zu Hause bin und alleine zu Musik spiele, dann sind das auch meistens nur Dinge, die nichts mit Punk zu tun haben. Daran habe ich viel Spaß und bin auch immer noch auf der Suche nach den geeigneten Musikern für ein Reggae-Album.

Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?

Erst mal kommt das neue Album der REAL McKENZIES raus und ich werde auch mit AUTHORITY ZERO wieder auf Tour gehen. Außerdem sieht es tatsächlich so aus, als ob GOOD RIDDANCE in diesem Jahr wieder einige Gigs – nur so zum Spaß – spielen werden. Wir haben einfach wieder Lust, zusammen zu spielen. Ich habe also eigentlich drei Bands am Start und ihr solltet einfach mal vorbeikommen.