AC/DC waren neben THIN LIZZY die einzige Band aus „der alten Zeit“, die für mich 1978 noch eine Bedeutung hatte. Ihre Alben „High Voltage“, „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“ und – allen voran – „Let There Be Rock“ waren bereits Platten für die Ewigkeit. So war es nicht verwunderlich, dass ich auf unserer Klassenfahrt in Trier im selben Jahr im einzig vernünftigen Plattenladen vor Ort bei „Powerage“ ebenso zittrige Finger bekam wie bei der „Pink Flag“-LP von WIRE, die ein paar Fächer weiter stand. WIRE waren etwas Besonderes, das ahnte ich bereits, nachdem ich ein paar Songs bei „Rock Today“ von John Peel gehört hatte. Aber auf AC/DC war einfach Verlass, da konnte nichts schiefgehen. Die waren immer geil! Okay, Cliff Williams hatte Mark Evans am Bass ersetzt, aber Young/Young/Scott/Rudd waren die Säulen der Band und „far out“. „Die alte Zeit“, das bedeutete Glam und Rock, Bands wie THE SWEET, KISS, SLADE, RAINBOW, BEATLES, STATUS QUO. Das war erst einmal und für lange Zeit Schnee von gestern. Punkrock war am Start. Und eben AC/DC in ihrem Paralleluniversum.
„Powerage“ ist unter dem Strich nicht so spektakulär wie „Let There Be Rock“, zusätzlich auch ruhiger und melodiöser als der Vorgänger. Dafür aber hat die Platte derart prägnante Riffs, dass es einem die Tränen in die Augen treibt, inklusive exzellenter Songs, von denen einige für mich zu den Klassikern im Repertoire der Band gehören. „Rock ’n’ roll damnation“ startet verdammt gut und extrem treibend, dann folgt mit „Down payment blues“ der erste, sechsminütige Höhepunkt. Das Anfangsriff rollt einem bereits die Arme rauf, dann folgt der Bass, die zweite Gitarre und schließlich setzt einer der besten Schlagzeuger aller Zeiten, Phil Rudd, mal wieder ohne jegliches Federlesen mit seinem Punch und Groove dem Ganzen die Krone auf. Bon Scott intoniert dazu: „I’ve got holes in my shoes and I’m way overdue down payment blues“. Dieser Song hat einfach alles, inklusive kurzem Breakdown in der Mitte. „Sin city“ ist ein ebenso starkes Stück mit einem Hauch Melancholie, gefolgt von „Next to the moon“ mit ungewöhnlich vielen Toms von Phil Rudd und düsterer Spannung, die sich dann im Einser-Beat-Chorus auflöst. „Kicked in the teeth“ und „Riff raff“ sind echte Uptempo-Smasher, wie sie auf keiner AC/DC-Scheibe fehlen durften. Verwirrung stifteten lediglich verschiedene Versionen des Albums, ursprünglich waren neun Songs drauf, wobei die Tracklist je nach Land variierte. Die deutsche Version wartete noch im Erscheinungsjahr mit einer Neuauflage und dem zusätzlichen Song „Rock ’n’ roll damnation“ auf, während in Übersee „Cold hearted man“ bei der Erstveröffentlichung fehlte. Hier wiederum war „Rock ’n’ roll damnation“ dabei. Aber wisst ihr was? Egal!