1992 wurde das Ieperfest im westbelgischen Ypern ins Leben gerufen und findet seit 1994 jährlich statt. Mittlerweile hat es sich zu einem dreitägigen Event, das bis zu 10.000 Leute anlockt, gemausert und vom 12.-14. August geht das laut eigener Aussage weltweit dienstälteste Underground-Festival in die nächste Runde. Organisiert von zwei Non-Profit Organisationen bleibt es bis heute seinen DIY-Wurzeln treu und konzentriert sich nicht nur darauf, eine erstklassige Auswahl an Bands zu präsentieren, sondern legt auch einen klaren Fokus auf die politische Tradition der Szene. Wir haben uns nach dem Stand der Dinge erkundigt und geschaut, wie reflektiert die OrganisatorInnen das soziale und ökologische Bewusstsein von Hardcore umsetzen.
19 Jahre Ieperfest - was waren die bisherigen Highlights und wann gab es richtige Tiefpunkte?
Jede Ausgabe des Ieperfests ist für uns ein Highlight. Wenn tausende Menschen in Ieper zusammenkommen und die Zeit hier genießen, war es die monatelange Arbeit wert. Tiefpunkte in diesem Sinne gibt es nicht. Einmal mussten wir mit dem Gelände auf den Parkplatz einer Chemiefabrik umziehen. Dort haben wir uns nicht sonderlich wohl gefühlt. Mit den wachsenden Besucherzahlen steigt natürlich auch die Menge des Mülls, den einige Leute achtlos zurücklassen. Insgesamt überwiegend aber ganz klar die positiven Aspekte!
Wie wichtig ist das Sponsoring, um so ein Festival auf die Beine zu stellen?
Das Sponsoring hat für uns nie eine große Rolle gespielt. Wir sind froh, ohne das Geld von irgendwelchen Großkonzernen auszukommen. Wir haben einige lokale Sponsoren, aber das war’s auch schon. Unsere Unabhängigkeit ist uns sehr wichtig und es gibt nur wenige Unternehmen, mit denen wir uns identifizieren können, aber die können dann meistens nicht sehr viel Geld locker machen.
Wie gestaltet sich die Organisation des Festivals?
Der Kern des Orga-Teams wird von 15 Leuten gebildet. Der ein oder andere übernimmt vielleicht etwas mehr Verantwortung, aber alle haben das gleiche Mitspracherecht. Jeder ist Mitglied in mindestens einer Untergruppe, die sich z.B. um die Bands, Promo oder die Logistik kümmert und die anderen Gruppen über den Fortschritt ihrer Planung informiert. Obendrein kann sich das Ieperfest auf über 120 freiwillige Helfer verlassen – ohne deren Einsatz wäre die Durchführung des Festivals unmöglich. Da das Festival kontinuierlich wächst, müssen wir auch jedes Mal mehr Arbeit in die Planung stecken und brauchen zunehmend mehr helfende Hände.
Wie wichtig ist euch der ökologische Aspekt bei der Durchführung des Festivals?
Genauso wichtig wie zu unseren Anfangstagen. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, eine Plattform für Bands mit einer positiven Message (sXe, soziales Bewusstsein, Tierrechte etc.) zu bieten und ziehen das natürlich auch hinter den Kulissen durch – wir nutzen erneuerbare Energien, versuchen so wenig Müll wie möglich zu produzieren, bieten Öko-Merch und ausschließlich vegetarisches bzw. veganes Essen an. Nicht alle der OrganisatorInnen ernähren sich vegan oder vegetarisch, aber alle sind überzeugt, dass wir nur Verpflegung anbieten sollten, die frei ist von Fleisch, Fisch und Milch ist und fair gehandelt wurde. Außerdem halten wir das Festival so grün wie möglich, was vor allem etwas schwieriger geworden ist, seitdem wir ein Gelände außerhalb der Stadt bezogen haben. 2010 haben wir den Flemish Greenevent Award gewonnen, das heißt dass wir von 300 jährlich stattfindenden Festivals in Flandern das ökologisch nachhaltigste Festival sind. Das hat uns natürlich extrem gefreut.
Was hat es mit der MoreThanMusic-Bühne auf sich?
Wie schon gesagt, verstehen wir uns nicht als reines Musik-Festival, sondern thematisieren auch den sozialen und politischen Leitgedanken von Hardcore. Die MTM-Bühne bietet Raum und Zeit für Diskussionen zu Themen wie Tierrechte, Anarchismus, DIY, Subkultur etc. Unter anderem gibt es dort Vorträge, Workshops, eine Bücher- und Fanzine-Börse und die Möglichkeit sich an den Ständen von einigen NGOs Informationen zu holen und in den Austausch zu treten.
Während andere Festivals Bands unterschiedlichster Couleur buchen, hält das Ieper Fest strikt daran fest, nur Hardcore-Bands einzuladen. Wie wichtig ist euch diese Richtlinie?
Naja, auch im HC gibt es ja eine enorme Vielfalt an lokalen und internationalen Bands, die auch stilistisch sehr abwechslungsreich sind. Zwischen IGNITE, HORSE THE BAND, MESHUGGAH, CRO-MAGS, THE DILLINGER ESCAPE PLAN und BLOOD FOR BLOOD wird sicherlich für jeden was dabei sein und es gibt ja noch 58 weitere Bands. Die Stärke des Ieperfests ist sicherlich, dass das Line-Up zwar sehr gute Headliner bietet, aber auch der Rest des Tages mit hervorragenden Bands wie ANCHOR, VICTIMS, STICK TO YOUR GUNS etc. gefüllt ist. Da alle Bands mehr oder weniger fest im Hardcore verwurzelt sind, kann sich das Publikum auf die Qualität verlassen und bekommt trotzdem ein breites Spektrum an Musik geboten. Die Leute sind HC-Fans und kommen um HC-Bands zu sehen – deswegen ist es uns wichtig, diese Linie ganz klar zu verfolgen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #97 August/September 2011 und Joachim Hiller