BLITZKID

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Horrorpunk oder Hausmeister?

Letzten Herbst war die amerikanische Horrorpunk-Band BLITZKID zum achten Mal in Europa unterwegs. Kürzlich erschien das Album „Anatomy Of Reanimation: Volume #1“ auf Fiendforce, welches Neuaufnahmen von Songs der ersten drei Alben enthält. Höchste Zeit für ein Interview mit der Band, die für mich immer das Zentrum der Horrorpunk-Szene dargestellt und mich überhaupt erst mit der Musikrichtung in Kontakt gebracht hat, nachdem mich die MISFITS nie richtig begeistern konnten. Dass sich BLITZKID längst aus dem Schatten dieser Band herausbewegt haben, ist spätestens seit „Five Cellars Below“, dem letzten regulären und recht experimentellen Longplayer, klar. Die Band ist zur Zeit auf die beiden Gründungsmitglieder TB Monstrosity (g/v) und Argyle Goolsby (b/v) geschrumpft, nachdem Drummer Jesco Devilanse die Band verließ. Ich sprach mit Goolsby, der von sich selbst behauptet, mit der Musik öffentlich seine persönlichen Dämonen exorzieren zu wollen, über Band, Album und die Szene.

Ihr wart zur Hellnights-Tour in Deutschland, wie war’s?


Es war wahrscheinlich die beste Tour, die wir jemals gespielt haben. Durch Europa zu Touren ist immer großartig. Wir waren 2006 schon einmal im Rahmen der Hellnights-Tour unterwegs, damals mit THE BLOODSUCKING ZOMBIES FROM OUTER SPACE, THE OTHER und REZUREX. Wie auch immer, dieses Jahr waren wir Headliner und da war einfach diese besondere Stimmung, die diese Tour zu einer unserer Besten machte. Mit Freunden im Tourbus unterwegs zu sein, jeden Abend auf der Bühne stehen, neue Städte sehen, Fans kennen lernen – all diese Dinge gehören zu einer tollen Tour.

Nachdem euer alter Drummer Jesco die Band verlassen hat, hattet ihr jetzt Ex-Misfit Dr. Chud mit auf Tour. Wie kam es dazu?

Als unser letzter Drummer die Band verließ, haben wir beschlossen, dass wir die Band auf keinen Fall auflösen. Zu diesem Zeitpunkt wollten wir gerade damit anfangen, das neue Album aufzunehmen, und hatten daher auch nicht viele Shows geplant. Der einzige geplante Auftritt war der auf dem Mera Luna-Festival, und für August standen noch GORGEOUS FRANKENSTEIN-Shows an. Danach kam dann die Hellnights Tour, und wir wollten einen Drummer haben, der beide Termine spielen konnte. Allerdings hatten wir keine Zeit, jemand zu finden, weil wir zu sehr mit dem neuen Album beschäftigt waren, also wollten wir warten, bis die damit und mit der Vorbereitung der Touren verbundene Arbeit ganz erledigt war. Dr. Chud ist schon seit Jahren ein enger Freund der Band, was sich aber nicht nur auf die Musik beschränkt. Also rief ich Chud an und fragte, ob er daran interessiert sei, die zu diesem Zeitpunkt geplanten Events mit uns zu spielen und er sagte ja. Der Sommer kam und wir begannen mit den Proben für das Mera Luna. Und Chud hörte nicht auf uns zu beeindrucken, zur gleichen Zeit lernten wir beide ungefähr 20 Songs für die GORGEOUS FRANKENSTEIN-Tour, die direkt danach stattfinden sollte. Er hatte sich also echt viel vorgenommen. Er war wirklich toll auf dem Mera Luna und als Hellnights anstand, hatte er unsere Songs als Drummer ungeheuer gut drauf.

Und wer hat dann das Schlagzeug für das neue Album eingespielt?

Für das neue Album haben wir Paul Lifeless zu uns geholt. Wir hatten bereits bei „Five Cellars Below“ mit ihm gearbeitet. Paul spielt auch in einer großartigen Band namens THE BANNER. Aber deswegen hätte er nicht die Zeit, um dauerhaft bei uns zu spielen. Die Aufnahmen lieferten uns aber großartige Drum-Tracks und er hat unseren alten Songs damit eine neue Richtung gegeben. Wie wir in Zukunft weitermachen, wissen wir noch nicht. Wir sind zwar immer noch daran interessiert, auch andere Drummer vorspielen zu lassen, aber Chud wäre eindeutig eine große Bereicherung für die Band. Dabei gibt es aber im Augenblick einige Probleme, vor allem deswegen, weil wir so weit voneinander entfernt wohnen.

Vor einiger Zeit kursierten noch Gerüchte, ihr würdet ein Best-Of-Album veröffentlichen. „Anatomy Of Reanimation“ passt nun nicht ganz in diese Kategorie. Was war der Grund dafür, die alten Songs neu aufzunehmen?

Bei uns trägt das Album den Untertitel „Volume 1“ – das heißt, wir werden noch mehr alte Songs neu aufnehmen, sie hätten nur nicht alle auf ein Album gepasst. Wir haben uns dabei auch nicht gedacht, dass die ausgewählten besser seien als andere BLITZKID-Songs, wir haben einfach alle Songtitel in einen Hut geschmissen und 14 Zettel wieder rausgezogen, und diese Songs sind nun auf dem Album. „Volume 2“ mit ungefähr 15 weiteren Songs ist bereits in Planung. Wir wollten unsere alten Songs schon so lange neu aufnehmen, denn als wir die Originale eingespielt haben, hätten wir nie geglaubt, dass wir das alles je auf einem Label würden veröffentlichen können oder dass Leute aus anderen Ländern, Tausende von Meilen entfernt, einmal jeden unserer Songs mitsingen. Wir haben damals viele Fehler bei den Aufnahmen gemacht und uns auch nicht die Mühe gemacht, diese zu verbessern. Erstens, weil wir dafür nicht genug Geld hatten, und wir zweitens dachten, es wäre nicht so schlimm, da das Ganze eh niemand außerhalb unseres Bekanntenkreises hören werden würde. Man darf das jetzt nicht falsch verstehen – ich liebe die alten Alben: Sie haben eine Art von Magie, die wir damit, dass wir sie neu aufnehmen, nicht zerstören wollen. Man sollte aber auch beachten, dass die Band nun seit über einem Jahrzehnt existiert und somit auch einige der Songs so alt sind. Viele der Songs spielen wir auch heute ganz anders als früher. Wir wollten zeigen, wie sich die Songs im Laufe des letzten Jahrzehnts entwickelt und verändert haben, ganz natürlich, einfach dadurch, dass wir sie so oft gespielt haben. Manche Unterschiede sind eher fein, andere ganz offensichtlich, etwa bei geänderten Gesangsharmonien. Aber auch ganz allgemein geht dieses Album in eine für uns ganz neue Richtung, das reicht sogar bis zur Aufmachung und dem Artwork. Normalerweise verwendeten wir meist düstere Bilder, um eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. In diesem Fall ist die Stimmung der Songs aber schon in den Köpfen der Hörer etabliert und wir benutzen ein helles, farbenfrohes Artwork, weil es eher ein Spaßalbum sein soll.

Wird es noch eine Vinylveröffentlichung geben?

Es gibt einen Deal zwischen Fiendforce und unseren Freunden von No Ball Records, welche es vielleicht in naher Zukunft auf Vinyl veröffentlichen wollen.

Wie sieht es mit den Plänen für ein reguläres neues Album aus?

Ganz sicher wird es bald eins geben, wir haben über 30 fertige neue Songs. Und ich kann ehrlich behaupten, es sind die besten BLITZKID-Songs, die wir je geschrieben haben. Bei „Five Cellars Below“ hatten wir die Möglichkeit, mal eine andere Atmosphäre zu erkunden und in unser Songwriting einfließen zu lassen. Jetzt haben wir einen Punkt erreicht, an dem wir die Ausgereiftheit und das musikalische Können des letzten Albums mit dem klassischeren BLITZKID-Singalong-Vibe verbinden können. Darüber hinaus werden wir bald eine Split-CD mit THE CRYPTKEEPER FIVE aus Trenton, NJ veröffentlichen und unsere ersten Aufnahmen unter dem Titel „Revisited“ wieder neu auflegen.

Was bedeutet es für dich, Mitglied einer Horrorpunk-Band zu sein?

Es ist für mich einfach eine Episode meines Lebens. Ein Teil davon ist halt mit untoten und makaberen Charakteren ausgefüllt. Ich versuche nicht absichtlich, mein Leben düster und creepy zu gestalten. Ich bin einfach mit ganzem Herzen dabei und ich glaube, das ist es auch, was Horrorpunk für mich so wertvoll macht. Horrorpunk-Band oder Hausmeister – du musst einfach lieben, wer und was du bist. Und es dir ermöglichen, das zu tun, was du liebst.