Olli und Kerstin vom "Kommando Rote Rübe" aus Düsseldorf sind alte Bekannte, wenn es um leckeres veganes Essen geht. Seit Jahren sind sie mit veganem Catering, Vokü und Brunch unterwegs und auch im Ox-Kochbuch 3 findet ihr jede Menge vegane Rezepte von den beiden. Was die beiden zum Thema Kochen und Ernährung zu sagen haben, könnt ihr hier lesen.
Könnt ihr euch bitte vorstellen?
Kerstin: Wir sind Kerstin und Olli und beide Gründungsmitglieder des Kochkollektivs "Kommando Rote Rübe". Die Roten Rüben waren von 1995 bis 2002 aktiv. Wir haben auf Konzerten, Festivals, Demos und Tagungen die Leute mit veganem Essen bekocht. Seit circa 2000 sind wir im Düsseldorfer Linken Zentrum "Hinterhof" aktiv und kochen dort.
Wie seid ihr zur veganen Lebensweise gekommen?
Kerstin: Ich bin seit 1991 Vegetarierin, alles weitere hat sich von selbst ergeben. Inzwischen lebe ich aber nicht mehr vegan.
Olli: Ich bin seit 1995 Vegetarier, beeinflusst durch die Musik und Freunde.
Was war eure Motivation für eine Vokü?
Kerstin: Den ersten veganen Brunch hatten wir 1995 in der Teestube in Erkrath organisiert. Das ist damals so gut angekommen, dass wir den Brunch auch nach Auflösung der Roten Rüben noch einmal im Monat im Linken Zentrum organisiert haben. Etwas Vergleichbares gibt es ja auch nicht in Düsseldorf. Neben dem Anspruch, leckeres, veganes Essen für kleines Geld anzubieten, war und ist auch der soziale Aspekt immer wichtig, wie nette Leute in entspannter Atmosphäre zu treffen. Da kommen auch ganz andere Gespräche zustande als abends bei einem Bier. Außerdem hat uns die Frage genervt: "Was esst ihr denn noch, da bleibt doch nichts mehr übrig."
Wo hat die Vokü ihre Wurzeln?
Olli: Die erste Vokü gab es in der Pariser Kommune 1871. Eine bretonische Buchbinderin namens Natalie Lehmel sammelte Lebensmittel und organisierte die erste Volksküche, der sie den Namen "Der Kochlöffel" gab.
Hat jeder Mensch ein Recht auf gesunde, bezahlbare Lebensmittel?
Olli: Gesunde, bezahlbare Lebensmittel sollten ein Grundrecht sein, aber da das ganze "Lebensmittelindustrie" heißt, spare ich mir weitere Kommentare.
Ist gute, gesunde Ernährung für euch etwas Elitäres?
Kerstin: Ich empfinde es als elitär, Fleisch zu konsumieren und dadurch wertvolle Lebensmittelressourcen zu verschwenden.
Olli: Fleisch wird doch durch industrielle Produktion so verfremdet, dass mensch es als nichts Lebendiges mehr erkennt. Das gilt leider auch für pflanzliche Produkte. Gesunde Ernährung erfordert Nachdenken, aber die Menschheit frisst so, wie sie wählt.
Was bedeutet Kochen für euch?
Olli: Kochen - zu Hause - heißt für mich Spaß und Entspannung. Neue Rezepte auszuprobieren und dann Freunde zum Essen einladen, das ist doch geil. Vokü ist natürlich anstrengender und geschmacklich leider oft nicht so toll. Bei einem Essen zu 1,50 Euro fehlt oft etwas.
Kerstin: Ich finde es besonders spannend, alte Gemüsesorten wieder zu entdecken. Wer kennt denn noch Rübstiel oder Pastinaken? Dieses Jahr haben wir wieder saure Gurken eingelegt und sogar unser Sauerkraut selbst hergestellt. Das reicht jetzt für den ganzen Winter.
Wie und wo habt ihr Kochen gelernt?
Kerstin: Ich habe Kochen bei meiner Mutter gelernt, die in den 50er Jahren als Köchin in Frankreich gearbeitet hat. Wir tauschen auch heute noch regelmäßig Rezepte aus. Ich glaube, meine Ma hat inzwischen die größte vegetarische Kochbuchsammlung Düsseldorfs. Sie ist auch schon seit vielen Jahren Vegetarierin.
Olli: Meine Mutter ist auch gelernte Köchin und meine Eltern hatten Gastronomie, da habe ich unheimlich viel gelernt. Aber man muss auch schon vorher ein Händchen dafür haben. Wie Salz dosiert wird, kann man nicht lernen.
Wo kauft ihr eure Lebensmittel ein? Wo seht ihr hier eure Verantwortung?
Kerstin: Wenn es möglich ist, kaufen wir Biolebensmittel ein, aber die können auch schon mal aus dem Discounter sein. Aber auch viel vom Wochenmarkt, saisonbedingt und auch regional.
Vegane Ernährung: Theorie und Praxis?
Olli: Pizza - Pizza - Pizza! Im Ernst, Essen soll Spaß machen und ist keine Politik oder Religion.
Wie habt ihr das für euch ernährungstechnisch hingekriegt? Bücher gewälzt? Eine Ernährungsberaterin besucht? Oder einfach drauf los? Gesunde vegane Ernährung besteht ja nicht nur daraus, Fleisch und Milchprodukte wegzulassen ...
Kerstin: Ehrlich gesagt, habe ich einfach losgelegt. Ich war damals schon einige Jahre Vegetarierin, da fand ich es dann nicht weiter problematisch, auch noch auf Milch, Eier und so weiter zu "verzichten". Eine Zeit lang hat das auch ganz gut funktioniert, bis ich das alles nicht mehr sehen konnte. Ich hatte da einen Punkt erreicht, wo ich nicht mehr wusste, was ich essen soll. Deshalb habe ich mich langsam wieder auf eine vegetarische Ernährung umgestellt.
Olli: Wenn es geht, Obst, Salat, Vollkornprodukte und so wenig industriell weiterverarbeitete Lebensmittel wie möglich. Wenn ich ein oder zwei Wochen auf einem Seminar bin, kackt im wahrsten Sinne des Wortes meine Verdauung ab, obwohl das Essen da auch immer vegetarisch ist.
Welchen Rat könnt ihr jemandem geben, der sich vegetarisch oder vegan ernähren möchte, aber nicht so recht weiß, wie er oder sie es angehen soll?
Kerstin: Ich denke, dass ich hier keinen guten Ratschlag erteilen kann, da ich ja nicht nur gute Erfahrungen mit dem "vegan sein" gemacht habe. Mensch sollte vielleicht nicht so streng mit sich sein, und nicht so viel Junkfood essen.
Olli: Auf jeden Fall nicht einfach Eier, Fleisch, Käse weglassen. Und nicht von Null auf Hundert gehen. Der Verzicht oder Gewinn klappt besser langsam.
Wie steht ihr zu Convenience-Produkten, Functional Food oder ähnlichem?
Kerstin: Lebensmittel, die in einem hohen Maß industriell weiterverarbeitet wurden, lehne ich ab. Die enthalten entweder keinerlei Nährwert, oder zugesetzte Nährstoffe und Vitamine, die in dieser Form wenig Sinn haben. Außerdem stumpft dadurch der Geschmackssinn ab, wenn alles immer gleich schmeckt.
Olli: Frisches und jahreszeitlich passendes Kochen ist immer noch am besten. Klar gibt es Tiefkühlgrünkohl oder Spargel aus der Dose oder dem Treibhaus. Aber schmecken Grünkohl im Hochsommer und Spargel zu Weihnachten?
Jedes Jahr sterben laut PETA allein in Deutschland 500 Millionen Tiere für die Fleischproduktion. Der ganz normale Wahnsinn?
Kerstin: Es liegt an jedem von uns, diesen Wahnsinn zu ändern, indem wir einfach mal über unsere Konsumgewohnheiten nachdenken.
Olli: Sollen die Menschen doch Fleisch essen, es aber auch selber schlachten oder den wirklichen Preis dafür zahlen. Dann würde schon weniger Fleisch gegessen werden.
Engagiert ihr euch für Tierrechte?
Kerstin: Nicht mehr aktiv.
Olli: Ich war einmal auf einer Tierrechtsdemo, die war so was von peinlich, da verhaue ich lieber Nazis.
Euer 15-Minuten-Rezept?
Olli: Nudeln mit Mangold. Knofi und eine scharfe türkische Paprika in dünne Scheiben schneiden und in Olivenöl andünsten. Mangold putzen und in Streifen schneiden, dazugeben und mitbrutzeln. In der Zwischenzeit Spaghetti kochen, abgießen und drunter heben. Das Ganze mit Salz und Pfeffer würzen und nach Wunsch - vegan oder nicht - mit Parmesan abrunden. Ich habe extra keine Mengenangaben gemacht, die Leute sollen mal ein Händchen für so etwas entwickeln.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #70 Februar/März 2007 und