OBERSTE HEERESLEITUNG

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Von Widerstand und Provokation

Zugegeben, ich war nie ein Fan von OHL aus Leverkusen, die 1980 von Deutscher W gegründet wurden und bald mit dem Betreiber eines Kölner Plattenladens namens Rock-O-Rama in Verbindung kamen. Dessen Betreiber Herbert Egoldt - damals rechter Umtriebe noch unverdächtig - veröffentlichte dann 1981 die erste EP der sich von Anfang an provokant gebenden Band: OHL und ihr Frontmann Deutscher W positionierten sich in einer Szene, deren linke Einstellung Konsens zu sein schien, auf eigenwillige Weise mal durchaus links, mal durch ihren Anti-Kommunismus vermeintlich rechts oder "unpolitisch" und machten sich in Kombination mit ihrer militaristisch anmutenden Ikonographie nicht nur Freunde, ja mussten sich ihre erste LP "Heimatfront" von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schrift sogar indizieren lassen. Und doch waren sie akzeptierter Teil der Punkszene, nahmen in den Jahren bis 1987 fünf Alben auf (später via Teenage Rebel neu aufgelegt), mit DER FLUCH hatte Deutscher W ein eher im Goth-Genre beheimatetes Nebenprojekt - und dann war bis 1993 erstmal Ruhe, die Bands aufgelöst. Seitdem jedoch sind sowohl DER FLUCH wie OHL (anfangs mit Musikern von den Hamburger EMILS) wieder aktiv, veröffentlichen regelmäßig Platten und spielen vereinzelt auch Konzerte. Zuletzt erschien via Coretex Records das Album "Feindkontakt", das mir Anlass bot, mich trotz einer gewissen Antipathie einem E-Mail-Interview mit Deutscher W zu widmen, um einfach mal ein paar Fragen zu klären.

Wie kamst du einst zum Punk? Was war das für eine Szene in Leverkusen Ende der 70er, was für andere Leverkusener Bands gab es?


Auslöser waren damals die ADVERTS und ihr Album "Crossing The Red Sea With The Adverts" Dazu gab es dann auch noch den sehr geilen Film "Brennende Langeweile", der die Band auf einer verheerenden Deutschlandtour '78 zeigt. Zum Punk an sich kam ich genau wie jeder andere, der jung ist und sich den Mund nicht verbieten lässt. Und dann diese neue fantastische Musik mit Bands wie THE CLASH, CHELSEA, GENERATION X, DAMNED und natürlich den ADVERTS. SEX PISTOLS waren nie so mein Ding, die waren mir einfach zu populär und zu klischeehaft, ähnlich bescheiden fand ich auch die RAMONES. Du siehst, selbst mit 15 war ich schon nicht so szenekonform. Neben uns gab es in Leverkusen noch STOSSTRUPP, das war's dann aber auch schon mit der Leverkusener "Punkszene". Alles in allem waren wir vielleicht ein Dutzend Rebellen und zwei Bands, eigentlich drei, denn ich hab dann ja '81 auch noch DER FLUCH aus der Gruft gehoben.

Für mich waren/sind OHL immer so was wie "Junge Union-Punk" gewesen. Erklär doch mal dein Weltbild, woher kam/kommt dieses Ablehnen von rechten wie linken Extremen im gleiche Maße?

Mir war es, ehrlich gesagt, schon immer egal, wie man uns nennt, ob nun Junge Union-Punk, Nazi-Rocker, CDU-Punks oder Bismarck-Metal. Wir sind OHL und sonst nichts! Mein Weltbild ist eigentlich recht einfach zu erläutern. Ich setze mich mit dem Zeit - und Weltgeschehen auseinander. Ich habe Augen, um zu sehen, Ohren, um zu hören, mein Verstand ist weder von Drogen, noch von Propaganda vergiftet und ich habe ein gesundes Selbstbewusstsein, um klar und offen zu meiner Meinung zu stehen. Linksextreme Staatsformen unterscheiden sich in nichts von rechtsextremen. Beides sind auf Unterdrückung aufgebaute Staatssysteme. Ansonsten beruht mein Weltbild, wie du das so schön nennst, auf drei Fundamenten: Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit.



Was meine "Junge Union-Punk"-Provokation anbelangt: In den Achtzigern, noch zu Schulzeiten, hatte ich mit JU'lern zu tun, die genau solche "Gegen Extreme rechts und links"-Sprüche vor sich her trugen. Klar, fand ich es auch dumm, wenn damals die lokalen Punks mit der DKP zum Pfingsttreffen in die DDR fuhren, weil die SED dort frei saufen bezahlte, während sie die DDR-Punks verknasten ließ, aber die JU und ihre Denkweise gingen deshalb noch lange nicht. Also?

Nix also! Wir sind absolut überparteilich und dennoch kannst du selbstverständlich immer einzelne Textpassagen einzelnen Programmpunkten einzelner Parteien angliedern ... Ich nenne dich ja auch nicht NPD-Wähler, nur weil du vielleicht auch für mehr Arbeitsplätze bist. So oder so ähnlich sind nämlich oft die von unseren Freunden aufgezogenen Schubladen, in die sie uns stecken wollen

Keine wirklich neue oder innovative Frage, dennoch: Ist links gleich rechts?

Keine wirklich neue oder innovative Antwort, dennoch: Nein!

Nachdem wir das geklärt haben, müssen wir dann aber wohl doch noch ein paar Mysterien zerstören: Ich selbst würde mich nie als unpolitisch definieren oder als irgendwo in der politischen Mitte stehend, sondern schon ganz klar links, nur eben ohne jeden Dogmatismus. Insgesamt trifft das sicher auch auf die Punkszene ganz allgemein zu. Stellst du also auch die allgemeine, nicht immer klar definierte "Links-Orientierung" der Punkszene in Frage - oder ist das ein Missverständnis?

Ich stelle alles und jeden in Frage, besonders den, der die Augen vor der Wahrheit verschließt. Mich interessiert die Realität und nicht irgendwelche Theorien. Wenn du mich kennen würdest, würdest du mein Leben und mein Handeln vielleicht auch als links beschreiben. Aber das sind alles leere Worthülsen. Wie gesagt, ich definiere mich über mein Denken und mein Handeln. Und wenn man versucht, mir einen Stempel aufzudrücken, wird man scheitern. Alle meine Anti-Nazi- und Anti-Deutsch-Texte sind der Norm nach links, meine Anti-Islam-Texte der Norm nach eventuell rechts und so weiter ... Also, was soll ich mich um diese kleinkarierten Gedankenspießer kümmern.

Für deine klaren Aussagen gab es einst sogar eine Indizierung durch die BPjS. Kannst du das kurz erläutern - und was hat das heute für Auswirkungen?

Das lag weniger an klaren Aussagen meinerseits, sondern an den angeblich jugendgefährdenden Texten von "Wir sind die Unreparierten" und "Stürmt die amerikanische Botschaft". Das Ganze war in den Achtzigern, heute würde man über diese Texte nur müde lächeln. Auswirkungen hatte das keine. Im Gegenteil, eigentlich fühlten wir uns dadurch noch geadelt, denn wenn das Establishment deine Texte für gefährlich hält, ist das doch ein schönes Kompliment.

Im Lied "Widerstand" von der ersten LP gibt es die Zeilen "Widerstand / Gott sei Dank / Es gibt dich auch in meinem Land" ... ist da Gott gemeint oder der Widerstand?
Ganz klar der Widerstand!

Was treibt dich an, immer wieder mit gezielten Provokationen genau berechenbare Reaktionen hervorzurufen? Man nehme nur "Stolz deutsch zu sein" von der aktuellen Platte, da reicht den Leuten ja schon der Titel, um loszutoben - ohne dass sie den Text gelesen haben. Und: wird man da im Alter nicht müde und mürbe?

Gezielte Provokation ist weniger mein Anliegen. Meine Texte zeigen die Wahrheit und die Wirklichkeit, nicht mehr und nicht weniger! Meine Texte spiegeln all das wider, was mich bewegt, und bei diesem Text ist es ganz einfach meine persönliche Haltung zu dem Land, in dem ich lebe. Ich bin jetzt 42 und kann nur sagen, dass ich mit zunehmendem Alter immer weniger bereit bin, Kompromisse einzugehen, und natürlich weiß ich heute auch wesentlich mehr als mit 16. Müde werde ich nur, wenn mich Dinge langweilen, und manche Lügen über OHL langweilen mich schon sehr.

Welche Lügen meinst du?

Dass ich angeblich irgendwo auf der Bühne den Hitlergruß gemacht hätte ... So etwas passt natürlich unseren Freunden gut ins Bild, wer aber unsere Texte kennt, kann sich eigentlich schon selber ausrechnen, dass da mal wieder einer Langeweile hatte.

Wie ist heute generell die Situation mit engagierten Linken? Gibt es noch Boykottaufrufe, musst du dich noch verteidigen, könnt ihr überall spielen? Und was denken die Rechten über dich/euch?

Da musst du die Linken, Rechten, Mittleren und wen auch immer mal selbst fragen. Es interessiert mich einfach nicht, wer was über mich denkt. Hör dir dazu einfach mal das Stück "Niemand" an. Warum sollte man uns boykottieren? Doch eigentlich nur, weil man Angst hat, den Spiegel vorgehalten zu bekommen!
Achtung, provokante Frage: Diesen Rebellengestus zelebrierte ja auch sehr schön eine jetzt erfreulicherweise aufgelöste Band aus Frankfurt ... Was willst und kannst du dazu sagen? Und/oder warum woll(t)en OHL nicht mit denen in Verbindung gebracht werden?
Achtung harmlose Antwort: Ich kann, ehrlich gesagt, überhaupt keine Parallelen zu denen erkennen! Die hatten sich selbst beweihräuchernde Texte und waren alles in allem eine sehr langweilige Band.

Was für Leute sind eure Fans?

Seit ein paar Jahren bemerken wir, dass sich unser Publikum enorm verjüngt. Es ist schon ein schönes Gefühl, zu wissen, dass man seine Ideale auch noch dem "Nachwuchs" vermitteln kann. Auf jeden Fall sind unsere Fans keine sich das Hirn heraus saufenden Volltrottel, wie man sie schon mal ganz gerne bei anderen beliebten Punkbands findet.

Euer Artwork ist gerne dramatisch bis militaristisch anmutend. Warum diese Bildsprache?

Andere zeigen Molli werfende Irokesenpunks oder Polizisten mit Schlagstöcken und wir halt Krieger. Zu dieser Frage präsentiere ich dir mal wieder was aus der Mottenkiste meiner Interview-Antworten: "Heimatfront" zeigt einen 16 Jahre alten, vom Krieg gezeichneten Antihelden, "1.000 Kreuze" stammt aus dem Abspann des Antikriegsfilms "Im Westen nichts Neues", der Soldat auf "Die Stunde der Wahrheit" ist ein US-Marinesoldat, der am D-Day Hitler-Deutschland von den Nazis befreit hat ... Ich finde im Übrigen, dass Bandname, Covergestaltung, Texte und Musik eine perfekte inhaltliche und ästhetische Einheit bilden.

Ja, die Herkunft der Fotos ist mir klar, deine Intention auch, nur: Wer eine CD von OHL erstmals in die Finger bekommt, nehmen wir mal eine Mutter im Zimmer ihres 16-jährigen Sohns, die kann doch auf Grund der ersten Indizien - Songtitel, Fotos, Bandname - nur eine Schlussfolgerung ziehen: Oh Gott, mein Sohn hört Nazimusik! Warum also dieses Spiel mit dem Feuer?

Das sind ja Fragen ... Weil das anscheinend in mir drin steckt, weil ich gerne anecke, weil mein Leben unangepasst ist und weil ich ja doch irgendwie, ein wenig und wenn auch nur minimal der Sänger einer so genannten Punkband bin. Und das hat ja schon irgendwie, ein wenig und wenn auch nur minimal mit Provokation zu tun. Und wenn sich dann beim Erstkontakt mit OHL, Mütter und Omas die Hände vors Gesicht und die Ohren halten ... Gut so, so war es und so wird es immer bleiben. Früher war es Rock'n'Roll, dann Punk und heute irgendwelche kleinen Aggros aus Berlin in zu großen Hosen und mit zu kleinen Hirnen.
Wie kamt ihr damals mit Rock-O-Rama Records und Herbert Egoldt zusammen, wie war euer Verhältnis, wie hat sich das entwickelt und ab wo war für dich die Nummer zu heiß?

Es war einmal ein kleiner 16-jähriger Junge, der hatte mit seiner bösen Band eine MC aufgenommen und in einem ganz tollen Kölner Punkplattenladen davon zwanzig Stück zum Verkauf angeboten. Als der kleine Junge nach einer Woche nachhörte, waren alle Kassetten verkauft und der Punkplattenladenbesitzer bot dem Jungen einen Plattenvertrag an ... Das Verhältnis war zu der Zeit eigentlich sehr gut. Man traf sich jeden Samstag im ROR und zog sich dort die neusten Platten rein. Dort traf man Gleichgesinnte und auch die damals noch recht geile Szene hatte im ROR einen echten Treffpunkt gefunden. Es war eine richtig geile Zeit und ein richtig geiler Laden. Hier habe ich auch meinen Gitarristen Falkland kennen gelernt und auch andere Musiker gingen hier ein und aus ... Ja, ja, die gute alte Zeit. Allerdings sind wir in Sachen Bezahlung, wie später auch, ordentlich verarscht worden. Ich bin dann nach Trier gegangen und die absolut unpolitische "Jenseits von Gut und Böse" haben wir dann '86 bei ROR rausgebracht, weil uns kein anderer haben wollte und ich auch nicht mehr so in der Szene war, um die rechten Tendenzen zu ahnen.

Da muss ich kurz nachhaken: Du weißt, dass bestimmte Kreise einem aus dem Ausdruck "unpolitisch" sofort einen Strick drehen. Deshalb: Kannst du deine Verwendung/Definition mal erläutern?

Ja, ja, die Kreise und die Szene und die Schreiberlinge ... Die "Jenseits von Gut und Böse" enthielt nur ganz persönliche Stücke und die waren einfach unpolitisch. Ansonsten sind OHL natürlich eine absolut politische Band. Übrigens noch eine Info für die oben genannten Kreise: DER FLUCH ist auch absolut unpolitisch!

Die Rock-O-Rama-Rechte - hahaha - wurden nach Egoldts Tod unlängst von dessen Erben an einen Nazivertrieb verkauft, und wie man hört, haben diverse Bands schon Ärger, weil angeblich die neuen Besitzer ihre Rechte an den teils anderweitig neu aufgelegten Platten wahrnehmen wollen. Wie ist da für euch die Situation?

Davon haben wir nichts mitbekommen, wäre allerdings eine schöne Gelegenheit, die ausstehenden Gelder zu bekommen.

Warum und wie entstand damals der Goth-Rock-Ableger DER FLUCH? Wie ist da der heutige Stand der Dinge?

Weil ich doch nicht so eindimensional bin, wie meine Freunde immer denken. Ich wollte halt neben meiner politischen auch die andere Seite meiner Seele zu Vinyl bringen. Außerdem bin ich ein großer B-Movie-Fan. "Sünde" ist das bisher beste DER FLUCH-Album und mit Sicherheit wird da noch was nachkommen. Aber 2007 gehe ich erst mal mit meiner neuen Band PROJEKT MENSCH ins Studio. Das ist so eine Mischung aus DER FLUCH und RAMMSTEIN. Absolut unpolitisch, aber dafür sehr persönlich.

Wie kam es zum erneuten Labelwechsel, weg von Teenage Rebel, hin zu Coretex?

Mit Rüdiger von TRR waren wir immer recht zufrieden und wir haben auch heute noch ein sehr gutes Verhältnis. Er veröffentlicht ja unsere alten ROR-Scheiben noch mal und macht so den Fans alte OHL-/DER FLUCH-Alben und andere Raritäten meiner Bands zu einem guten Preis zugänglich. Rüdiger hat auch immer fair und offen abgerechnet und war bisher das einzige Label, bei dem wir überhaupt Geld gesehen haben. Dennoch ist Stillstand tödlich und wir dachten, es ist mal wieder Zeit, mit einem neuen Label eine neue Partnerschaft einzugehen, auch wenn wir uns finanziell schlechter stellen. Zumal hat uns gefallen, dass Coretex auch sehr um uns gekämpft hat, was dann letztendlich den Ausschlag gab.

Mit den Kollegen vom Plastic Bomb-Fanzine bist du ja nicht so ganz dick befreundet, oder? Man hörte da auch bezüglich des neuen Albums, dass sie weder einen CD-Track haben noch die Platte verkaufen wollten ...

Plastic Bomb kenne ich nicht, du meinst sicherlich "Plastic Brain", die Bild-Zeitung der so genannten Punkszene?!

In Interviews redest du immer von "meine Band" und wirst von den anderen Bandmitgliedern teilweise scherzhaft mit "Chef" angesprochen. Ist das dein Demokratieverständnis ...?

Innerhalb meiner Band, ja! Wir sind zwar eine Band und ohne meine Musiker müsste ich in der Maxi-Playback-Show auftreten, aber ich bestimme bei OHL alles.

Das ist ja wie beim Ox ... Deine Mitstreiter haben immer lustige Pseudonyme. Dürfen die sie sich selbst ausdenken oder ist das deine Kreativleistung? Und warum Pseudonyme?

Tja, dann ersetz mal das "x" durch ein "H" und häng noch ein "L" hinten dran, und schon ...?! Ja, dürfen sie. Da hatte ich wohl einen Anflug von Schwäche, sonst hatte ich L. Kaida bestimmt nicht akzeptiert. Aber im Ernst, ich hab keine Ahnung, warum Pseudonyme, vielleicht fühlt man sich dadurch als etwas Besonderes? Bei mir ist es ganz einfach. Die Initialen meines bürgerlichen Namens sind D. W. und mein Pseudonym ist eine Anerkennung für das, was sich einige wahre und wirkliche Menschen im Dritten Reich getraut haben. Nämlich sich gegen das Nazi-Regime zu stellen. Und diese Bewegung nannte man den Deutschen Widerstand und genau dafür steht mein Pseudonym Deutscher W, aber meine Jungs, echte Freunde und auch mein geschätzter TV, Tim Smith nennen mich einfach DW, wobei Chef schon ganz passend ist. Achtung Ironie - oder doch nicht?

Wie kam es zum Kontakt mit TV Smith? Du hast bei mehreren Gigs ja auch ein Lied auf der Bühne mitgesungen. Kennt der deine Musik und vor allem Texte eigentlich? Und weiß der um deine Beliebtheit?

Wie schon gesagt, war er mit dafür verantwortlich, dass ich eine Band gegründet habe. Kennen gelernt haben wir uns bei einem seiner vielen Konzerte. Und sind seitdem gute Freunde. Selbstverständlich reden wir neben vielen privaten Dingen auch über unsere Musik. TV mag die Musik von OHL nicht so sehr, weil sie ihm zu hart und zu schnell ist. Die Texte findet er vollkommen okay, warum auch nicht? Politisch sind wir uns eh einig und meine Beliebtheit hat er schon mitbekommen. Da muss er dann immer lachen, weil er mich kennt und das Theater gar nicht verstehen kann. Und schließlich ist TV ja kein Dummer und hat den Punk mit begründet ... sonst wären wir keine Freunde und würden auch nicht immer zusammen einige Stücke singen

Gerüchteweise wurden bei Impact deutlich über 10.000 OHL-Tonträger verkauft plus diverses Merchandise plus reichlich DER FLUCH- Tonträger, es gab aber angeblich niemals auch nur einen Pfennig beziehungsweise Eurocent. Was ist da dran?

Über die Verkaufszahlen kann ich leider nichts sagen, darüber bin ich nie informiert worden, aber es stimmt, dass wir nie Geld bekommen haben.

Ja, und? Stattdessen Studiozeit, CDs und T-Shirts oder Sex? Will heißen: Redet ihr noch miteinander?5

Ich glaube, wir spielen demnächst sogar zwei Shows mit den DÖDELHAIEN. Eigentlich haben wir mit dem uns zustehenden Geld abgeschlossen, ebenso wie mit dem Kapitel Impact, sonst wären wir ja nicht zu TRR gewechselt. Aber die Jungs gehören trotzdem nicht zu meinem Feindbild

Um deine berufliche Tätigkeit ranken sich Legenden, immer wieder ist zu hören: "Der arbeitet doch für RTL". Kannst du uns aufklären?

Legenden?

Na ja. Also hier mein Lebenslauf, dann hast du auch mal was, was ich noch nie irgendwo anders erzählt habe. Nach dem Abi bin ich als Funker zur Bundeswehr und dann nach Trier. Dort habe ich Psychologie studiert mit dem Schwerpunkt Medien und Werbung. Danach habe ich bei einer Werbeagentur in Düsseldorf gearbeitet, bis mir die angepasste Dem-Kunden-in-den-Arsch-Kriecherei die Lust an der Werbung genommen hat. Dann hab ich fürs ZDF-Auslandsjournal gearbeitet. Das war mir dann aber auch irgendwann zu langweilig und ich bin zum Privatfernsehen gewechselt und hab dort für RTL, Pro7, VOX, RTL2 den Nachmittag und Abend mit "Explosiv", Talkshows, Reportagen und diversen anderen Formaten bestückt. Jetzt produziere ich unter anderem die Sendung "Guildo und seine Gäste", in der Guildo mit geistig Behinderten eine geile halbe Stunde für den SWR raushaut. Echt total erfrischendes neues Fernsehen! Ich war allerdings auch schon mal ohne Job, weil ich keinen Bock mehr hatte und gekündigt habe. Denn genau wie bei meiner Musik mache ich auch beruflich kaum Kompromisse. Und da ich einen Job habe, brauche ich bei meinen Bands auch nicht auf irgendwelche Verkaufszahlen achten und mich irgendeinem szenetauglichen Gehabe zu unterwerfen, und falls du jetzt wissen möchtest, ob Guildo und meine Kollegen OHL und meine Beliebtheit kennen? Ja, sie kennen beides!

Ich schätze mal, das mit dem Bund war so Mitte der Achtziger. Warum Bundeswehr, eine bewusste Entscheidung oder Bequemlichkeit? Damals war ja der "Punk-Konsens" eher der, dass man Zivildienst macht - was nicht heißen soll, dass ich nicht auch diverse "BW-Punks" kenne.

Weil ich keinen Bock hatte, alten Leuten den Arsch abzuwischen. Es war jedenfalls nicht aus Nationalstolz oder Waffengeilheit. Und wenn schon, dann hab ich das bestimmt genau deshalb gemacht, weil es Punk-Konsens war, da nicht hinzugehen. Ich halte eine Berufsarmee übrigens für wesentlich intelligenter und wirkungsvoller und würde statt der Wehrpflicht ein soziales Pflichtjahr einführen ... War das jetzt rechts, links oder... ?

Letzte Frage: Was hörst du heute so für Musik, was sind für dich ewige Lieblingsplatten?

Zur Zeit liegt auf meinem Plattenteller THE PACK mit "No 12". In meinem Autorecorder Johnny Cash und beim Sport laufen auf meinem mp3-Player die METEORS.