NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT

Im auf der aktuellen Doppel-DVD dieses Films enthaltenen Interview erzählt Viel- und Schmuddelfilmer Jess Franco stolz, dass er ja lange vor Coppola derjenige gewesen sei, der als Erster Bram Stokers Gruselliteratur-Klassiker „Dracula“ originalgetreu verfilmt hätte.

Wie so oft klaffen bei Franco Anspruch und Realität weit auseinander, denn spätestens im zweiten Drittel von NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT, wenn Franco aus Budgetgründen sämtliche Charaktere von Stoker Buch zusammen in einer Heilanstalt zusammengepfercht hat, hat es sich auch schon wieder mit der Originaltreue.

Im ersten Moment kann der Film vielleicht noch durch die Anwesenheit von Christopher Lee als Dracula punkten, der tatsächlich so aussieht, wie ihn Stoker beschrieben hat und im Verlauf der Handlung immer jünger wird, oder durch Herbert Lom als Professor Van Helsing (dem man nach den „Pink Panther“-Filmen ernste Rollen immer schwer abnimmt) und Klaus Kinski als Insekten fressenden Renfield, der hier allerdings weniger wahnsinnig als in seinen anderen Filmen wirkt.

Aber wenn einem Franco dann deutsche Schäferhunde als Wölfe verkaufen will – ganz zu schweigen von den an Drähten hängenden lächerlichen Fledermäusen – und sein fehlendes Talent als Regisseur durch die üblichen holprigen Schwenks und unmotivierten Zooms unter Beweis stellt, wird NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT zu einer immer unerträglicheren Angelegenheit, da hilft dann auch der recht actionreiche Schluss nichts mehr, der durchaus Parallelen zu Coppolas Version aufweist.

Eine im doppelten Sinne höchst blutleere Angelegenheit – und das bei Franco, der ja eigentlich für seine sleazigen Entgleisungen berühmt-berüchtigt ist –, aus der man mit mehr Budget und vor allem einem besseren Regisseur vielleicht noch was hätte machen können.

Die Kinowelt-DVD ist zum ersten Mal ungeschnitten, besitzt allerdings eine sehr durchwachsene Bildqualität, die das niedrige Niveau dieser Billigproduktion noch betont. Franco-Fans und Stoker-Interessierte dürfen hier mal einen Blick riskieren, ansonsten muss man leider abraten.